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(für Ungeduldige ab der 8. Minute)
Da gab
es doch dieses Foto von Lillebror an den Schafen in der Frankfurter
Rundschau.
Dem
folgte der Artikel mit Video für die Frankfurter Neue Presse.
Nun kam
ein Anruf des Hessischen Rundfunk, ob ich nicht in eine Sendung
kommen wolle.
Klar,
mach ich, wenn es zeitlich passt.
Ob ich
ein, zwei Schafe mitbringen könne?
Nein.
Das
wäre wirklich kein Problem, sie haben ständig Tiere in der Sendung.
Nein!
Schafe sind Gewohnheitstiere. Sie mögen es vertraut unter freiem
Himmel. Für sie wäre es totaler Stress und das mute ich keinem
Schaf zu.
Aber
meine Hunde, die kann ich mitbringen.
Wir
einigen uns auf die Hunde.
Ob die
etwas Vorführen können, was mit Hüten zu tun hat.
Nein,
ohne Schafe können die auch nichts vorführen, sie arbeiten ja die
Herde.
Ob dann
jemand ein Handyvideo von mir bei der Arbeit drehen könnte.
Es tut
mir wirklich leid, aber auch das ist gerade schlecht. Im März wird
in dem Betrieb nicht gehütet, die Schafe stehen im Stall und werden
gefüttert.
Warum?
Weil
auf den Wiesen der Landwirte, die wir im Winter beweiden, nichts mehr
steht. Jetzt wird dort Gülle gefahren und es soll wieder neu
wachsen, nicht für uns, sondern für den Landwirt. Auf den
Schafweiden wiederum steht noch nichts, da braucht es den Frühling,
Mitte April.
Aufnahmen
aus dem Stall werden zu dunkel, außerdem ist das die Privatsphäre
des Betriebes in dem ich arbeite.
Ja,
Bilder hab ich jede Menge und schicke ein paar aktuelle rüber.
Wir
einigen uns auf die Sendung Hallo Hessen am 21. März. Ob ich die
kenne?
Leider
nicht, ich lebe in Schleswig-Holsten und arbeite nur viel in Hessen.
Am 14.
März gibt es noch ein halbstündiges, telefonisches Vorgespräch.
Ich bekomme viele fachliche Fragen gestellt, zum Hüten, zur
Wanderschäferei, wie es mit dem Nachtpferch funktioniert,
Landschaftspflege, Wetter, die Situation der Schäferei, der
Forderung nach der Weidetierprämie, meine Hunde, mein Blog.
Danke
für das nette, informative Gespräch.
Am
gleichen Tag bekomme ich eine Mail mit weiteren Angaben zum 21. März.
Die
Sendung geht von 16.00 bis 18.00 Uhr.
Ich
soll um 14.00 Uhr am Osttor des Hessischen Rundfunk in Frankfurt
sein.
Zwei
Stunden früher?
Dann
geht es erstmal in die Maske.
Maske?
Ich
scrolle die Seite runter: hr Fernsehen.
HR
FERNSEHEN!!!!
Mein
Herz rutscht in die Hose.
Fernsehen!
Nein!
Bin ich
irre?
Wie war
das, die Kamera addiert 30 Pfund.
Dafür
bin ich doch viel zu fett!
Und hab
ich irgendwelche vernünftige Kleidung mit auf Arbeit, die vorzeigbar
ist?
Naja,
Zuhause besitze ich für so was auch nichts.
Sie
wollen doch meinen Hut und die Schäferschippe sehen.
Also,
meine Schäferweste ist zwar zu kurz, aber dann kommt eben das
Schwarzhemd drüber.
Ganz
traditionelle Schäferin.
Eigentlich
bräuchte alles ein Bügeleisen, aber so etwas besitze ich nicht mal
Zuhause.
Doch es
wird gehen!
Aber
was für Schuhe?
Das
paar Turnschuhe die ich dabei habe, oder olle, stallversiffte
Arbeitsschuhe?
Wehmütig
denke ich an die schicken Winterstiefel, die ich gerade im
Schlussverkauf erstanden habe. Zuhause.
So
schrubbe ich also Schuhe.
Um mich
dann doch für die studiotauglicheren Turnschuhe zu entscheiden.
Ach,
und die Hunde!
Lillebror
mit seinem kurzen Fell, kein Problem.
Aber
Ylva?
Am
Stall ist zur Zeit alles ein einziger Matsch.
Und so
schaut meine zottelige Strobelhündin auch aus.
Schlammmonster.
Ja, die
bereits wie ein Glockenspiel klimpernden Lehmklumpen habe ich schon
längst heraus geschnitten.
Auch
die Pfoten sind frei geschoren, da sie bei dem Tiefschnee, des
letztens in Schleswig-Holstein, keine fünf Meter laufen konnte ohne
dicke Eisklumpen.
Und
doch ist ihr restliches Fell jedem Rastafari würdig.
Noch
ist sie nicht im Frühjahrsfellwechsel und leicht zu bürsten. Ich
tue da im Winter nicht viel, braucht Ylva doch die Matte gegen die
Kälte.
Jetzt
mache ich mich daran, jeden Tag ein bisschen, den entrüstet
leidenden Hund den Filz aus dem Fell kämmen.
Zwei
Tage vor dem großen Tag gräbt sie etwas aus dem Misthaufen um es
genussvoll zu verspeisten. Dem folgt prompt kräftiger Durchfall.
Super!
Also
schrubbe ich dem Hund den Hintern und bin froh, dass es noch ein Tag
ist.
Und da
ist auch schon der 21. März.
Der
große Tag.
Und
nein, ich bin kein bisschen aufgeregt.
Ha, ha.
Laut
Navi brauche ich 30 Minuten. Wenn ich also um ein Uhr, eine Stunde
vorher, los fahre, müsste es dicke reichen.
Ich
habe viel Zeit, sind doch durch viele Schülerpraktikanten genug
Leute zum Füttern am Stall.
Zuerst
knöpfe ich mir Ylva vor, sie wird nochmal gründlich gekämmt.
Dann
ein heißes Bad für mich.
Welch
Luxus.
Und die
Hoffnung das der Stalldreck, der tief in meinen Fingerrillen sitzt,
verschwindet.
Um
zwölf fahre ich rüber zum Stall.
Ich
möchte die Hunde doch noch etwas rennen lassen. Trotz Schlamm,
Hauptsache sie sind etwas bewegt.
Das
Auto rubbelt komisch.
Hm.
Ich
steige aus, lass die Hunde raus und gucke um meinen Wagen.
Hinten
rechts platt.
Mir
wird ganz schwummrig vor Schreck.
Scheiße.
Scheiße. Scheiße.
Was
nun?
Ich
rufe meinen Chef an.
Er
leiht mir sein Auto!
Vielen,
vielen Dank!
Tief
durchatmen.
Nun
noch bei Hallo Hessen anrufen und das geänderte Kennzeichen durch
geben.
Geht
keiner ran.
Also
später.
Den
Wagen so um räumen, dass die Hunde nicht auf die Sitze können und
los geht es.
Ich
habe den absoluten Grundsatz mir niemals ein Auto zu leihen, dass ich
im Schadensfall nie und nimmer bezahlen könnte.
Darüber
denke ich jetzt nicht weiter nach!!
Einfach
nur konzentriert und aufmerksam durch den Rhein-Main Verkehr steuern.
Ich bin schon immer Unfallfrei, warum sollte ausgerechnet heute etwas
passieren?
Immerhin
lenkt das alles doch gut davon ab, dass ich gleich live im Fernsehen
auftreten muss.
In
Frankfurt halte ich vor dem Eingang zum Rundfunkgelände und versuche
nochmal anzurufen. Diesmal geht jemand ran, ich gebe das neue
Nummernschild durch.
Kurz
darauf am Osttor bekomme ich dann problemlos meinen Passierschein mit
Namen und neuem Kennzeichen. Den Geländeplan habe ich auf dem Handy
und so steuere ich das Schiff von einem Auto durch die schmalen Wege.
Der
angewiesene Parkplatz ist voll besetzt.
Da
stehe ich halb auf dem Fußgängerweg, frage mich was ich tun soll.
Wagen so stehen lassen? Direkt in die ausgeschriebene Maske?
Doch da
kommt schon jemand.
Ich sei
doch sicher Anna Kimmel?
Es ist
der Regisseur von Hallo Hessen der mich persönlich in Empfang nimmt,
da die Besucherbetreuerin gerade verschollen sei.
Die
taucht jetzt auf und sammelt mich ein.
Ich
folge ihr durch Gebäude und Gänge bis ins Studio.
Hier
sind auch schon die beiden anderen Gäste, eine Zahnärztin und ein
Fitness- und
Personaltrainer. Beide waren schon zuvor in der Sendung, sind
wesentlich Erfahrener und wirken in dieser Welt Zuhause.
Dazu
ist das Studio voll mit Menschen die hier arbeiten, Regisseur,
Moderator, Mischer, Kamerafrau, Kabelträgerin, Organisatoren und
schieß-mich-tot, wie die Berufsbezeichnungen sind.
Alle
sind sehr freundlich, nett und beeindruckt von meinen Hunden, die
erstaunlich entspannt mit jedem kuscheln.
Die
Stimmung ist aber allgemein angespannt. Um 16.00 soll es auf Sendung
gehen. Jetzt, kaum noch eine Stunde hin, erfahren sie, dass durch die
Live-Übertragung der Beerdigung von Kardinal Lehmann mindestens eine
halbe Stunde gekürzt wird.
Hier
wie überall, Kommunikationsprobleme.
Nun
wird hektisch geplant, Programmpunkte gestrichen und gekürzt.
Wir
Gäste werden ins Bistro gebracht. Ob wir etwas essen und trinken
wollen?
Ich
habe den ganzen Tag noch nichts gegessen, es irgendwie einfach
verpasst.
Aber
jetzt was essen?
Wo
die beiden anderen Wasser ordern?
Nein.
Nun
werden wir in unseren Aufenthaltsraum gebracht. Ich schlüpfe in
Schäferweste, Schwarzhemd und Hut. Fertig.
Weiter
geht es in die Maske. Die Betreuerin behält meine Hunde da, die
bisher einfach nur vorbildlich sind.
Eine
echte Maske, mit Spiegel, Schminktisch, Stuhl und Maskenbildnerin.
Was
ich denn möchte?
Nichts.
Gut,
so werde ich nur leicht über geschminkt, damit mein Gesicht im
Scheinwerferlicht nicht röter leuchtet.
Gerade
fertig, da klingelt mein Telefon. Mein Kollege hat den Reifen zum
Reifendienst mitgenommen. Der ist aber nicht nur platt sondern auch
runter und ein Winterreifen. Super, hab ich das Auto doch vor einem
Jahr mit Allwetterreifen beim Autohändler in Mallentin gekauft.
Danke dafür. Also eben neuen Reifen bestellt und angemeldet, mit dem
Auto anderntags rum zu kommen. Ernsthaften Dank an meinen Kollegen.
Aber
eigentlich bin ich doch gerade in der Maske!
Hi,
hi.
Jetzt
habe ich immer noch Zeit und lasse die Hunde in den Rabatten vor der
Tür springen.
Jedem,
der uns begegnet, zaubern wir ein verwundertes Lächeln ins Gesicht.
Ab
16.00 Uhr ist im Studio alles bereit.
Sendebeginn
ist dann erst kurz vor fünf. Es bleibt dem Moderator gerade, uns
vorzustellen und dann wird an die Nachrichten abgeben.
Ich
bleibe auf dem Sofa sitzen. Ylva und Lillebror liegen davor. Die
Beiden sind total unglaublich, entspanntes Dösen. Der Rummel und die
Hektik berührt sie nicht.
Eins,
zwei, drei, wir sind wieder auf Sendung.
Erst
die Wetterfee, dann Verlosung einer Tasse und da bin ich auch schon
dran.
Der
Moderator stellt mir fragen und ich antworte.
Nichts
davon ist geplant, geprobt, abgesprochen.
Ich
stehe unter Druck, mich kurz zu fassen, ist doch alles gekürzt.
Und
da wird der AlleWetter Beitrag von 2016 mit mir und den Schafen
eingeblendet.
2:59
Minuten Pause.
Durchatmen.
Weiter
geht’s.
Lillebror
hatte die Schafgeräusche und meine Stimme gehört und ist plötzlich
hellwach und aufgeregt.
Wo
sind die Schafe?
Doch
keine da?
Weiter
dösen.
Während
einer meiner Antworten wird Musik eingespielt und da ich zum
Moderator blicke, sehe ich nicht, dass damit Bilder untermalt werden.
So denke ich, es ist wie bei der Oscarverleihung, ich soll zum Ende
kommen. Nur das die Musik nicht aufhört, wir weiter sprechen.
Und
dann ist meine Zeit um.
Gefühlt
waren es nur ein paar Minuten.
Und
ich habe so viel nicht gesagt.
Nichts
von der Petition zur Rettung der Schäferei.
Nichts
zur Forderung der Schäfer zur Einführung der Weidetierprämie.
Und
auch nicht, dass ich einen Blog schreibe.
Um
so erstaunter bin ich, beim Nachsehen am nächsten Tag, wie viel Zeit
ich doch hatte und erst, wie entspannt ich wirke.
Wie
meint eine Freundin, die mit Enkel zum Lämmerkuschel kommt, währen
ich arbeite:
Wenn
man den Beitrag sieht, denkt man Schäfer ist der entspannteste Beruf
der Welt. Und dabei stimmt das gar nicht, es ist ja richtig schwere,
harte Arbeit.
Ja,
so ist es.
Auf
jeden Fall war der Fernsehauftritt eine unglaublich spannende
Erfahrung.
Wie
viele Leute es braucht, für eine Sendung!
Und
alle arbeiten sie Untertage. Kein natürliches Licht im Studio.
Und
jeder unglaublich nett zu einer Schäferin in dieser ihr so fremden
Welt.
Vielen
Dank an das Hallo Hessen Team und meine Mitgäste!
und noch einmal der link:
Hallo Anna
AntwortenLöschenMal wieder nach Neuigkeiten geschaut,herrrrrlich: A day in the life,
muss ich pünktlich zum wichtigen Termin hab ich erstmal nen Platten :-))
Und die Beschreibungen der Schuhsuche,Hundecleaning,könnten von mir sein.
Und am Ende wird alles gut...Beitrag angesehen
Souverän gemeistert! Ein feminines,geerdetes Urgestein in der flummibunten TV-Studio-Welt!
Ich hätte mich vielleicht um Kopf und Kragen geredet oder gefühlt gleich
die "Moderation" übernommen vor lauter Nervosität.
Mein Hund hätte dort die bessere Figur gemacht,der ist unglaublich charmant und ausgeglichen und hält im Zweifel lieber mal den Mund
es grüßen abermals:
Kuhni vom Weserstrand nebst Benno vom Pfaffenberg
Hallo Kuhni,
Löschenvielen Dank :)
sonnige Grüße an den Weserstrand
Anna