Dienstag, 27. März 2018

Hallo Hessen am 21. März 2018


link zum Beitrag:
(für Ungeduldige ab der 8. Minute)
 
Da gab es doch dieses Foto von Lillebror an den Schafen in der Frankfurter Rundschau.
Dem folgte der Artikel mit Video für die Frankfurter Neue Presse.
Nun kam ein Anruf des Hessischen Rundfunk, ob ich nicht in eine Sendung kommen wolle.
Klar, mach ich, wenn es zeitlich passt.
Ob ich ein, zwei Schafe mitbringen könne?
Nein.
Das wäre wirklich kein Problem, sie haben ständig Tiere in der Sendung.
Nein! Schafe sind Gewohnheitstiere. Sie mögen es vertraut unter freiem Himmel. Für sie wäre es totaler Stress und das mute ich keinem Schaf zu.
Aber meine Hunde, die kann ich mitbringen.
Wir einigen uns auf die Hunde.
Ob die etwas Vorführen können, was mit Hüten zu tun hat.
Nein, ohne Schafe können die auch nichts vorführen, sie arbeiten ja die Herde.
Ob dann jemand ein Handyvideo von mir bei der Arbeit drehen könnte.
Es tut mir wirklich leid, aber auch das ist gerade schlecht. Im März wird in dem Betrieb nicht gehütet, die Schafe stehen im Stall und werden gefüttert.
Warum?
Weil auf den Wiesen der Landwirte, die wir im Winter beweiden, nichts mehr steht. Jetzt wird dort Gülle gefahren und es soll wieder neu wachsen, nicht für uns, sondern für den Landwirt. Auf den Schafweiden wiederum steht noch nichts, da braucht es den Frühling, Mitte April.
Aufnahmen aus dem Stall werden zu dunkel, außerdem ist das die Privatsphäre des Betriebes in dem ich arbeite.
Ja, Bilder hab ich jede Menge und schicke ein paar aktuelle rüber.
Wir einigen uns auf die Sendung Hallo Hessen am 21. März. Ob ich die kenne?
Leider nicht, ich lebe in Schleswig-Holsten und arbeite nur viel in Hessen.
Am 14. März gibt es noch ein halbstündiges, telefonisches Vorgespräch. Ich bekomme viele fachliche Fragen gestellt, zum Hüten, zur Wanderschäferei, wie es mit dem Nachtpferch funktioniert, Landschaftspflege, Wetter, die Situation der Schäferei, der Forderung nach der Weidetierprämie, meine Hunde, mein Blog.
Danke für das nette, informative Gespräch.
Am gleichen Tag bekomme ich eine Mail mit weiteren Angaben zum 21. März.
Die Sendung geht von 16.00 bis 18.00 Uhr.
Ich soll um 14.00 Uhr am Osttor des Hessischen Rundfunk in Frankfurt sein.
Zwei Stunden früher?
Dann geht es erstmal in die Maske.
Maske?
Ich scrolle die Seite runter: hr Fernsehen.
HR FERNSEHEN!!!!
Mein Herz rutscht in die Hose.
Fernsehen!
Nein!
Bin ich irre?
Wie war das, die Kamera addiert 30 Pfund.
Dafür bin ich doch viel zu fett!
Und hab ich irgendwelche vernünftige Kleidung mit auf Arbeit, die vorzeigbar ist?
Naja, Zuhause besitze ich für so was auch nichts.
Sie wollen doch meinen Hut und die Schäferschippe sehen.
Also, meine Schäferweste ist zwar zu kurz, aber dann kommt eben das Schwarzhemd drüber.
Ganz traditionelle Schäferin.
Eigentlich bräuchte alles ein Bügeleisen, aber so etwas besitze ich nicht mal Zuhause.
Doch es wird gehen!
Aber was für Schuhe?
Das paar Turnschuhe die ich dabei habe, oder olle, stallversiffte Arbeitsschuhe?
Wehmütig denke ich an die schicken Winterstiefel, die ich gerade im Schlussverkauf erstanden habe. Zuhause.
So schrubbe ich also Schuhe.
Um mich dann doch für die studiotauglicheren Turnschuhe zu entscheiden.
Ach, und die Hunde!
Lillebror mit seinem kurzen Fell, kein Problem.
Aber Ylva?
Am Stall ist zur Zeit alles ein einziger Matsch.
Und so schaut meine zottelige Strobelhündin auch aus.
Schlammmonster.
Ja, die bereits wie ein Glockenspiel klimpernden Lehmklumpen habe ich schon längst heraus geschnitten.
Auch die Pfoten sind frei geschoren, da sie bei dem Tiefschnee, des letztens in Schleswig-Holstein, keine fünf Meter laufen konnte ohne dicke Eisklumpen.
Und doch ist ihr restliches Fell jedem Rastafari würdig.
Noch ist sie nicht im Frühjahrsfellwechsel und leicht zu bürsten. Ich tue da im Winter nicht viel, braucht Ylva doch die Matte gegen die Kälte.
Jetzt mache ich mich daran, jeden Tag ein bisschen, den entrüstet leidenden Hund den Filz aus dem Fell kämmen.
Zwei Tage vor dem großen Tag gräbt sie etwas aus dem Misthaufen um es genussvoll zu verspeisten. Dem folgt prompt kräftiger Durchfall.
Super!
Also schrubbe ich dem Hund den Hintern und bin froh, dass es noch ein Tag ist.
Und da ist auch schon der 21. März.
Der große Tag.
Und nein, ich bin kein bisschen aufgeregt.
Ha, ha.
Laut Navi brauche ich 30 Minuten. Wenn ich also um ein Uhr, eine Stunde vorher, los fahre, müsste es dicke reichen.
Ich habe viel Zeit, sind doch durch viele Schülerpraktikanten genug Leute zum Füttern am Stall.
Zuerst knöpfe ich mir Ylva vor, sie wird nochmal gründlich gekämmt.
Dann ein heißes Bad für mich.
Welch Luxus.
Und die Hoffnung das der Stalldreck, der tief in meinen Fingerrillen sitzt, verschwindet.
Um zwölf fahre ich rüber zum Stall.
Ich möchte die Hunde doch noch etwas rennen lassen. Trotz Schlamm, Hauptsache sie sind etwas bewegt.
Das Auto rubbelt komisch.
Hm.
Ich steige aus, lass die Hunde raus und gucke um meinen Wagen.
Hinten rechts platt.
Mir wird ganz schwummrig vor Schreck.
Scheiße. Scheiße. Scheiße.
Was nun?
Ich rufe meinen Chef an.
Er leiht mir sein Auto!
Vielen, vielen Dank!
Tief durchatmen.
Nun noch bei Hallo Hessen anrufen und das geänderte Kennzeichen durch geben.
Geht keiner ran.
Also später.
Den Wagen so um räumen, dass die Hunde nicht auf die Sitze können und los geht es.
Ich habe den absoluten Grundsatz mir niemals ein Auto zu leihen, dass ich im Schadensfall nie und nimmer bezahlen könnte.
Darüber denke ich jetzt nicht weiter nach!!
Einfach nur konzentriert und aufmerksam durch den Rhein-Main Verkehr steuern. Ich bin schon immer Unfallfrei, warum sollte ausgerechnet heute etwas passieren?
Immerhin lenkt das alles doch gut davon ab, dass ich gleich live im Fernsehen auftreten muss.
In Frankfurt halte ich vor dem Eingang zum Rundfunkgelände und versuche nochmal anzurufen. Diesmal geht jemand ran, ich gebe das neue Nummernschild durch.
Kurz darauf am Osttor bekomme ich dann problemlos meinen Passierschein mit Namen und neuem Kennzeichen. Den Geländeplan habe ich auf dem Handy und so steuere ich das Schiff von einem Auto durch die schmalen Wege.
Der angewiesene Parkplatz ist voll besetzt.
Da stehe ich halb auf dem Fußgängerweg, frage mich was ich tun soll. Wagen so stehen lassen? Direkt in die ausgeschriebene Maske?
Doch da kommt schon jemand.
Ich sei doch sicher Anna Kimmel?
Es ist der Regisseur von Hallo Hessen der mich persönlich in Empfang nimmt, da die Besucherbetreuerin gerade verschollen sei.
Die taucht jetzt auf und sammelt mich ein.
Ich folge ihr durch Gebäude und Gänge bis ins Studio.
Hier sind auch schon die beiden anderen Gäste, eine Zahnärztin und ein Fitness- und Personaltrainer. Beide waren schon zuvor in der Sendung, sind wesentlich Erfahrener und wirken in dieser Welt Zuhause.
Dazu ist das Studio voll mit Menschen die hier arbeiten, Regisseur, Moderator, Mischer, Kamerafrau, Kabelträgerin, Organisatoren und schieß-mich-tot, wie die Berufsbezeichnungen sind.
Alle sind sehr freundlich, nett und beeindruckt von meinen Hunden, die erstaunlich entspannt mit jedem kuscheln.
Die Stimmung ist aber allgemein angespannt. Um 16.00 soll es auf Sendung gehen. Jetzt, kaum noch eine Stunde hin, erfahren sie, dass durch die Live-Übertragung der Beerdigung von Kardinal Lehmann mindestens eine halbe Stunde gekürzt wird.
Hier wie überall, Kommunikationsprobleme.
Nun wird hektisch geplant, Programmpunkte gestrichen und gekürzt.
Wir Gäste werden ins Bistro gebracht. Ob wir etwas essen und trinken wollen?
Ich habe den ganzen Tag noch nichts gegessen, es irgendwie einfach verpasst.
Aber jetzt was essen?
Wo die beiden anderen Wasser ordern?
Nein.
Nun werden wir in unseren Aufenthaltsraum gebracht. Ich schlüpfe in Schäferweste, Schwarzhemd und Hut. Fertig.
Weiter geht es in die Maske. Die Betreuerin behält meine Hunde da, die bisher einfach nur vorbildlich sind.
Eine echte Maske, mit Spiegel, Schminktisch, Stuhl und Maskenbildnerin.
Was ich denn möchte?
Nichts.
Gut, so werde ich nur leicht über geschminkt, damit mein Gesicht im Scheinwerferlicht nicht röter leuchtet.
Gerade fertig, da klingelt mein Telefon. Mein Kollege hat den Reifen zum Reifendienst mitgenommen. Der ist aber nicht nur platt sondern auch runter und ein Winterreifen. Super, hab ich das Auto doch vor einem Jahr mit Allwetterreifen beim Autohändler in Mallentin gekauft. Danke dafür. Also eben neuen Reifen bestellt und angemeldet, mit dem Auto anderntags rum zu kommen. Ernsthaften Dank an meinen Kollegen.
Aber eigentlich bin ich doch gerade in der Maske!
Hi, hi.
Jetzt habe ich immer noch Zeit und lasse die Hunde in den Rabatten vor der Tür springen.
Jedem, der uns begegnet, zaubern wir ein verwundertes Lächeln ins Gesicht.
Ab 16.00 Uhr ist im Studio alles bereit.
Sendebeginn ist dann erst kurz vor fünf. Es bleibt dem Moderator gerade, uns vorzustellen und dann wird an die Nachrichten abgeben.
Ich bleibe auf dem Sofa sitzen. Ylva und Lillebror liegen davor. Die Beiden sind total unglaublich, entspanntes Dösen. Der Rummel und die Hektik berührt sie nicht.
Eins, zwei, drei, wir sind wieder auf Sendung.
Erst die Wetterfee, dann Verlosung einer Tasse und da bin ich auch schon dran.
Der Moderator stellt mir fragen und ich antworte.
Nichts davon ist geplant, geprobt, abgesprochen.
Ich stehe unter Druck, mich kurz zu fassen, ist doch alles gekürzt.
Und da wird der AlleWetter Beitrag von 2016 mit mir und den Schafen eingeblendet.
2:59 Minuten Pause.
Durchatmen.
Weiter geht’s.
Lillebror hatte die Schafgeräusche und meine Stimme gehört und ist plötzlich hellwach und aufgeregt.
Wo sind die Schafe?
Doch keine da?
Weiter dösen.
Während einer meiner Antworten wird Musik eingespielt und da ich zum Moderator blicke, sehe ich nicht, dass damit Bilder untermalt werden. So denke ich, es ist wie bei der Oscarverleihung, ich soll zum Ende kommen. Nur das die Musik nicht aufhört, wir weiter sprechen.
Und dann ist meine Zeit um.
Gefühlt waren es nur ein paar Minuten.
Und ich habe so viel nicht gesagt.
Nichts von der Petition zur Rettung der Schäferei.


Nichts zur Forderung der Schäfer zur Einführung der Weidetierprämie.


Und auch nicht, dass ich einen Blog schreibe.
 Um so erstaunter bin ich, beim Nachsehen am nächsten Tag, wie viel Zeit ich doch hatte und erst, wie entspannt ich wirke.
Wie meint eine Freundin, die mit Enkel zum Lämmerkuschel kommt, währen ich arbeite:
Wenn man den Beitrag sieht, denkt man Schäfer ist der entspannteste Beruf der Welt. Und dabei stimmt das gar nicht, es ist ja richtig schwere, harte Arbeit.
Ja, so ist es.
Auf jeden Fall war der Fernsehauftritt eine unglaublich spannende Erfahrung.
Wie viele Leute es braucht, für eine Sendung!
Und alle arbeiten sie Untertage. Kein natürliches Licht im Studio.
Und jeder unglaublich nett zu einer Schäferin in dieser ihr so fremden Welt.
Vielen Dank an das Hallo Hessen Team und meine Mitgäste! 

und noch einmal der link:

2 Kommentare:

  1. Hallo Anna
    Mal wieder nach Neuigkeiten geschaut,herrrrrlich: A day in the life,
    muss ich pünktlich zum wichtigen Termin hab ich erstmal nen Platten :-))
    Und die Beschreibungen der Schuhsuche,Hundecleaning,könnten von mir sein.

    Und am Ende wird alles gut...Beitrag angesehen
    Souverän gemeistert! Ein feminines,geerdetes Urgestein in der flummibunten TV-Studio-Welt!
    Ich hätte mich vielleicht um Kopf und Kragen geredet oder gefühlt gleich
    die "Moderation" übernommen vor lauter Nervosität.
    Mein Hund hätte dort die bessere Figur gemacht,der ist unglaublich charmant und ausgeglichen und hält im Zweifel lieber mal den Mund
    es grüßen abermals:
    Kuhni vom Weserstrand nebst Benno vom Pfaffenberg

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    1. Hallo Kuhni,
      vielen Dank :)
      sonnige Grüße an den Weserstrand
      Anna

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