Sonntag, 29. Januar 2017

Marlis


21.12.2007 – 04.02.2016

 August 2010

Nun ist es schon ein Jahr her.
In Gedenken veröffentliche ich Marlis Bericht heute in meinem neugegründeten Blog.

Es ist ein regnerischer, kalter Tag in Wiesbaden.
Mein Kollege und ich sind unterwegs, Besorgungen machen. Gerade stehen wir auf dem Parkplatz vor einem Supermarkt, etwas Öl für das Auto besorgen.
Der Welpe, nun den zweiten Tag bei mir, bleibt derweil alleine im Auto.
Alles ist fremd für ihn, wir, Auto fahren, alleine bleiben.
Als wir zurück kommen, ist aber nicht das erwartete Jammern zu hören. Nein, er ist auf den Sitz geklettert und schläft dort.
Beeindruckend.
Während mein Kollege Öl nachfüllt, sitze ich im Wagen. Da klingelt mein Handy.
Meine Taunuskollegin: „Hay.“ sage ich vergnügt.
„Was machst Du?“
Fröhlich berichte ich, was gerade so geht.
Am anderen Ende ist schweigen.
Etwas irritiert hake ich nach.
„Marlis ist tot.“
Die Worte klingen an mir vorbei, als hätten sie keine Bedeutung.
Mein Hirn sagt, sie hat nicht gefragt: Was machst du?
Sie hat gesagt: Marlis ist tot.
Meine Güte habe ich mich verhört.

Marlis ist tot.

Es bedeutet mir gar nichts, berührt mich nicht.

Dann fällt mir auf, dass aus dem Handy gefragt wird, ob ich noch da bin.
„Ja, ja, was? Wie?“

Marlis hatte wieder eine Lungenentzündung.
Das wusste ich schon, sie hatte so schlecht Luft bekommen, dass sie in der Tierklinik waren. Tropf, Antibiotikawechsel und sie durfte mit Heim.
Nun war es plötzlich wieder schlimmer geworden, schnell zur Tierklinik.
Sie kam nicht mehr lebend an.

Da sitze ich im Auto, das Handy in der Hand und weiß nichts mehr.
Ich spüre...
Was spüre ich?
Nichts.
Oder doch? Oder...
Soll ich jetzt.
Muss ich irgendetwas sagen?
Mein Mund stammelt unsinnige Geräusche.
Glaube ich.
„Ich. Ich kann jetzt nichts sagen. Ich. Ich weiß nicht. Lass uns. Ich. Wir telefonieren später.“ Meine Stimme bricht und ich merke wie da Schluchzen ist, mein Schluchzen.
Ich lege auf und registriere, dass mein Kollege zugestiegen ist.
Was denkt der jetzt?
Hoffentlich nicht, dass irgendwas entsetzliches passiert ist. Es ist ja nur ein Hund.
Nur ein Hund.
Nur Marlis.
„Marlis ist tot.“
Ich kann ihn nicht angucken.
Spüre Verständnis.
„Kannst Du für mich fahren?“
„Natürlich.“
Wir tauschen Plätze.
Ich verstecke mein Gesicht unter dem Hut, spüre den Schmerz in Wellen, er rollt über mich, wie die Tränen.
Marlis ist tot.
Einfach so.

Tot.

Dieser Hund, der nie meiner war.

Etwas was Marlis völlig anders gesehen hat.

Der Schmerz liegt auf mir, wie ein Fels.

Zusammen mit Schuld.
Ich fühle mich so schuldig.
Daran, dass ich ihr nie das gegeben habe, was sie wollte.
Marlis Wunsch, für einen der eine Hund zu sein.
Ihr größter Wunsch, er hatte sich nun erfüllen sollen.
Zwei Woche war sie für jemanden DER Hund.
Und dann.
Tot.

Es will nicht in mein Hirn.
Sie kann nicht tot sein.
Nicht Marlis.

 
Geboren ist sie Dezember 2007.
Mit einem Jahr zog sie in meinen Ursprungsbetrieb.
Zu dem Zeitpunkt war ich dort nur sporadisch zu Besuch, trotzdem fiel sie mir gleich ins Auge. Natürlich, stammte sie doch aus der Zucht meines ersten Hundes, hatte das gleiche kurze Fell, die gleiche hellbraun dunkelbraun Tigerung. Ansonsten war sie auch sehr anders, kleine Schlappohren, gedrungen und sehr schüchtern.
Sie brauchte lange um den Umzug in das neue Lebensumfeld zu verdauen und auch der Start an den Schafen war nicht einfach. Für so einen Hund braucht es Samthandschuhe und viel Geduld.
Doch selbst das reicht nicht.
Man muss auch die passenden Hunde mitnehmen, wenn die eigentlich arbeitenden Hüter zu viel Druck benötigen, kann sich so ein Herzchen nie frei entfalten.
Mit viel Geschick kam dann auch Marlis ans Hüten.
Sie wurde eine fleißige Läuferin, die unermüdlich die Mannseite ging, ohne zu nerven und doch mit Druck.

Mannseite ist die Seite der Herde auf der der Schäfer steht

Die Außenseite hingegen verabscheute sie und auch am Weg lief sie nur die ersten Meter.
Da sie leichtführig war, keinen Schaden machte und doch ein Seelchen ging sie sehr früh mit den Auszubildenden mit.
Etwas was einem jungen Hund nicht unbedingt gut tut, zu viel Freiheit, zu viele Möglichkeiten für eigene Ideen.
In 2010 kam sie dann mit mir zum Hüten. Sie war zweieinhalb und ich frisch aus der Kleinkinderpause. Wir schlossen uns schnell sehr eng zusammen.
Wir harmonierten einfach.

Truppenübungspaltz, September 2013

Marlis ruhige Art an meiner Seite zu arbeiten, ohne die Hektik und das Gejiffel manch anderer lag mir sehr. Auch ihre Wesen sich an einen zu binden berührte mich, verband uns.

Tetenhusener Moor, Außenseite ist die, dem Schäfer gegenüberliegende, Seite der Herde

Ja, sie war nicht die Druckstärkste, sie packte lieber die Lämmer und guckte auch etwas zu doll nach ihnen. Die Außenseite musste man immer erzwingen und am Weg lief sie einfach nicht durch.
Aber welcher Hund ist schon perfekt?
Sie hatte einen Blick für die Einzelnen, fand Steckenbleiber in Dornen oder Gräben, bei „Do Grad“ packte sie auf den Punkt und auch wenn sie faul wirkte, war ihr Fleiß auf der Mannseite unermüdlich.

Jardelunder Moor, August 2010

Ich liebte sie und wollte sie haben.
Diese Bitte bekam grünes Licht.
Für irgendwann.
Wenn sie im Betrieb nicht mehr gebraucht wurde.

Oktober 2014

Die Jahre vergingen.
Ich arbeitete in einem anderen Betrieb, Marlis wurde älter und eigener.
Die freie Hütegestaltung mit Lehrlingen brachte sie auf ganz eigene Vorstellungen, wie Kaninchen jagen, oder wenn man ein Schaf fing, beherzt von hinten anzupacken. Auch legte sie sich ein dickes Fell zu, sie von ihren Ideen abzubringen brauchte Druck und Wut. Eine ihrer großen Leidenschaften war Fressen, schon Stunden vor Fütterungszeit begann ihr Erinnerungskonzert, nur dafür, dass sie ihr Mahl in zwei Sekunden verschlungen hatte, um dann die anderen neidvoll zu beäugen.

Im Herbst 2013 trafen wir wieder aufeinander. Und immer noch hütete ich sehr gerne mit ihr. Auch, wenn sie mich nun oft ärgerte, gerade ihre Sturheit. Doch war sie die entspannte Ergänzung zu meiner gerade erst beginnenden Ylva. Immer die Ruhe, beim Einfahren sauber stehen, beim Stellen selbständig die Herde zusammen haltend. Da konnte ich Klauen schneiden, wusste ich doch Marlis hatte die Herde im Griff.

Oktober 2013, Marlis und Oma Melle

 So manches Mal verschätze ich mich auch, hatte nur Marlis und Ylva mit, und das nützte dann die Herde aus. Kein Hund der hinten ankommt, keiner der sich traut, die Ziegen in die Mangel zu nehmen. Tja, dann musste am nächsten Tag eben wieder eine der Granaten mit. 

September 2013

Nun ergab sich die Möglichkeit, dass ich Marlis als meinen Hund übernehmen könnte.
Für einen Probelauf durfte sie mit mir nach Hause.
Sechs Jahre alt und das erste Mal Zug fahren, das erste Mal im Haus. Ist sie überhaupt stubenrein?
Das alles meisterte sie mit Bravur.
Auch, dass die Katzen nicht gefressen werden dürfen, sah sie recht schnell ein. Die Katzen hingegen waren ziemlich beleidigt, rächten sich mit Kacken in die Betten.
Die Woche verging und Marlis war so glücklich.
Das war es was sie wollte, im Haus leben, mein Hund sein.
Damit wuchs auch ihr Selbstbewusstsein, das Haus und ich waren ihr Reich. Ihr Futterplatz, die Küche, durfte von den Katzen nicht mehr betreten werden. Es nervte Marlis schon, wenn sie an der Küchentür vorbei liefen. Und dann musste ich diesen Blick von ihr auch sehen, wenn die Kinder die Küche betraten.
Ach, Marlis.
Wieder auf der Arbeit, gab es übel Streit mit den anderen Hündinnen. Zuerst dachten wir, es lag an der Woche Abwesenheit, dass die Hunde das Marlis nachtrugen.
Aber nein.
Es war Marlis.
Sie fand, sie gehöre zu Anna und alle anderen gehörten nun unter sie.
Schweren Herzens entschied ich mich dagegen.
Es war zu spät, Marlis würde nie mein Hund werden.

Als im Herbst 2014 nicht genug Arbeit für Marlis im Betrieb war, wurde ein neues Umfeld für sie gesucht. Sie zog in eine Schäferei in Hessen.
Weg war sie, zurück blieb ich mit Ylva und den Betiebsgranaten.

Taunus 2015, an der Straße hält Marlis die weiße Linie

Nie hätte ich gedacht, dass das Schicksal uns nochmal wieder zusammen führt.
Aber doch, im Sommer 2015 fing ich in genau dem Betrieb im Taunus an zu arbeiten.
Marlis und ich hüteten wieder zusammen.


Was für eine Freude.
Ja, auch manchmal Ärgernis.
Aber lassen wir den älteren Hündinnen ihre Eigenheiten.
In dem Taunusbetrieb werden sehr läufige Hunde gemocht. So war Marlis doch wieder fehl am Platz, besonders auch durch ihre, mit der Weile, rücksichtslose Sturheit.
Nur hier geht kein Hund, nur weil er nicht passt, nicht, wenn man nicht was wirklich gutes für ihn gefunden hat.
Auch war Marlis mit ihrem neuen Leben nicht unzufrieden. Hüten war schon lange nicht mehr das wichtigste für sie. Im Hof, oben auf der Treppe vor der Haustür liegen, das Weltgeschehen im Blick, das genoss Marlis.

Marlis und Bud im Hof

Und ab und an kam ich ja auch und wir gingen hüten.
Der Sommer verging, es wurde September, meine Taunuszeit neigte sich dem Ende. In den letzten Hütetagen ärgerte Marlis mich so sehr, dass mir der Abschied von ihr fast leicht fiel.
Ja, die Ziege hatte es verdient, war sie doch schon den ganzen Tag auf verbotenen Abwegen. Aber das ist keine Entschuldigung sich nicht abrufen zu lassen!
Ich gebe zu, ich war so angepisst, dass ich sie die finalen drei Tage im Hof ließ.

Ich zog weiter und auch für Marlis gab es ein neues Abenteuer.
Ein befreundeter Auszubildender hatte Zwischenprüfung in Triesdorf. Und keinen Hund dafür.
So wechselte Marlis für zwei Wochen den Betrieb.
Mit der ihr eigenen Begeisterung schloss sie sich dem Azubi an und bemühte sich redlich ihm alles recht zu machen.
Marlis auf dem Lehrlingshüten in Triesdorf!
Selbst ihr Züchter war unter den Zuschauern.
Und für ihre Verhältnisse machte sie es sehr gut.
Waren wir alle Stolz auf sie!

Ende November bekam ich den Anruf, Marlis ist tragend und die Welpen können jeden Tag kommen.
Wie? Was? Wann?
Rechne, rechne.
Es muss in den zwei Septemberwochen passiert sein, als ich da war.
Ja, die anderen Hündinnen waren alle heiß.
Aber Marlis doch nicht.
Ganz ehrlich, ich würde Stein und Bein drauf Schwören, dass mir so was nicht entgehen kann.
Tja, Marlis bewies das Gegenteil.
Und der Vater?
Da die Rüden alle so im leidenden Herzschmerz steckten, waren sie an den Stall verbannt worden.
Es gab ja ruhebedürftige Nachbarn.
Bis auf einen.
Bud.
Ylvas Bruder.

Marlis, meine Ylva und Bruder Bud, ein heißer Augusttag 2015

Super.
Was für eine Kombi.
Beide Hunde Seelchen.
Bud dazu am Weg laut, überfleißiger Läufer und Keulengriff.
Definitiv keine Welpen für mich.
Zum Glück bin ich ja absolut Welpenresistent.

Und dann die Ängste um Marlis.
Fast acht Jahre, bis dato jungfräulich.
Ja, da kann man sich Sorgen machen.

Am 25. November bekam sie den ersten Welpen auf natürlichem Weg.
Die restlichen vier mussten per Kaiserschnitt geholt werden.
Das ganze strengte Marlis so an, dass sie eine Lungenentzündung bekam, die sich aber gut behandeln ließ.

November 2015, doch noch Mama

Als die Welpen zweieinhalb Wochen waren, war ich zu Besuch.
Marlis war total happy mich zu sehen, folgte mir auf Schritt und Tritt durch die Wohnung, erzählte mir von ihren Mutterfreuden.
Und ich erfuhr, dass sich jemand gefunden hatte, der Marlis als Liebhabhund wollte.
Einfach nur sie.
Ohne Schafe, im Haus, mit zu den Pferden. Endlich ein Herzensmensch für diesen Hund.

Anfang Januar war ich dann einen Tag zum Arbeiten im Taunus.
Die Welpen waren nun sechs Wochen, ein buntes Gewusel im Stall.
Einer unterschied sich deutlich von seinen Geschwistern. Während diese tobten und rauften, besah er sich in ruhe die Welt. Optisch war er das Ebenbild seiner Mutter.

Lillebror, 3 Wochen

Doch dies ist nicht seine Geschichte.
Marlis heftete sich bei meiner Ankunft sofort an meine Fersen, stand im Stall vor den Hurden und wartete darauf, dass ich mit Füttern fertig war. Sie überzeugte mich davon, dass sie unbedingt mit zum Hüten musste.
Überredet.
Dann, bei der Herde, war sie beim ersten Schicken ganz schön am Schnaufen.
Also Marlis, wir lassen das. Ich schicke Ylva und Du machst, was Du denkst.
Sie pendelte sich in ihrem typischen, schwankenden, gemütlichen Trab auf der Mannseite ein, kein pusten mehr.
In den Momenten, wo keine Arbeit war kuschelte sie mit mir.
Wir hatten einen unglaublich harmonischen Hütetag.
Wir waren so aufeinander abgestimmt, dass mir schon wieder Zweifel kamen.
Gehörte sie vielleicht doch zu mir?
Was wollte ich mit einem nervigen Welpen?
Hier war das Original. 

Januar 2016

Aber die Würfel waren gefallen.
Marlis hatte jemand, der kaum erwarten konnte, dass die Welpen weg waren.
So sollte es sein.
Dachte ich.

Vier Wochen später hatte Marlis wieder Lungenentzündung.

Tod.

Hilft es das Gesicht im Fell ihres Sohnes zu vergraben?


Keine Antworten.

Ich habe für all das keine Antworten.

Danewerk, April 2014


Ein Jahr.
Ein Jahr lebt sie nun schon nicht mehr.
Lese ich dies, kommen mir wieder die Tränen.
Doch nun gehört sie zu meiner Lebensgeschichte.
Marlis ist mir immer wieder präsent, in Bildern, ich habe so viele Bilder von ihr.
In ihrem Sohn. So manches mal kann ich seine Mutter in ihm sehen.
Und in Personen. Sie hat bei vielen einen Pfotenabdruck hinterlassen.
Nicht nur in meinem Herzen.






Donnerstag, 19. Januar 2017

Heute kein Hüten

Dezember 2016

Landschaftspflege für die Stadt.
Es ist toll, wenn Gemeinden die Nachhaltigkeit von Pflege durch Schafe erkennen und diese nutzen.
Manchmal sind dann aber auch Flächen dabei, die für die Schäferei einen extremen Mehraufwand bedeuten.
Wie diese kleine Rheininsel, durch Sportanlagen und parkähnliche Landschaft stark von Besuchern frequentiert. Dazu Bäumchen und Büsche, zum Teil frisch angepflanzt, die natürlich auf keinen Fall beschädigt werden dürfen. Beweidet soll es trotzdem werden.
Da sie mitten in der Großstadt liegt, ist ein „eben mal mit der Herde mitnehmen“ nicht möglich. So ist der Plan zwei Hängerladungen Schafe hin zu fahren, länger als zwei Wochen sollen sie da auch nicht bleiben.
Morgens bepacke ich den Land Rover mit Zäunen, Batterie, Gerät, koppel den doppelstöckigen, dreiachsigen Ifor Williams Hänger an und fahre zur Herde.
Diese steht in einem Waldtal auf einer großen Mähwiese. Es ist einfachstes Hüten, so ist heute die Auszubildende dran.

Die Herde im Waldtal

Aber erstmal wollen wir den Hänger voll bekommen.
Der Plan klingt einfach, ich ziehe die Herde an die ausgeklappte Rampe, der Hund hält die Schafe da, wenn genügend Tiere rauf gelaufen sind, Klappe zu und ab dafür.
So der Plan.
Erste Schwierigkeit, es gibt in der Herde ein paar Mutterschafe mit ganz frischen Lämmern. Nicht ganz geplant, aber auch nicht unerwünscht. Mütter mit Zwillingen kommen Heim, Einzellämmer, sind sie denn fit, bleiben draußen.

gerade geboren, fittes Lamm, Mutter kümmert sich gut
 
Nun hat sich meine Altdeutsche Hütehündin Ylva von der Arbeit an Merinolandschafen gemerkt, Mütter mit neugeborenen Lämmern sind gefährlich. Die kommen aus der Herde raus und greifen einen an. Denen kommt man besser gar nicht erst zu nah, muss sie immer im Auge behalten und kann sich deswegen unmöglich auf vernünftiges Arbeiten konzentrieren. Erst recht nicht so eine Aufgabe, wie selbstständig ohne die Sicherheit der Schäferin Schafe an einem Hänger zu halten.
Auch, wenn die paar Mütter gar nichts machen, außer bei ihrem Lamm stehen zu bleiben.
Wir dagegen an der Hängerrampe haben ganz andere Probleme. Zwar laufen einige Schafe brav rauf. Sie kennen das ja. Aber dann wollen auch die Ziegen. Nicht nur, dass ich die nicht mit haben möchte. Sie verhalten sich, wie man die Lumpen halt so kennt, bleiben oben auf der Rampe stehen, verhauen alles, was auch noch hoch will.
Also alles in allem ein ziemlicher Krampf.
Ich stehe oben auf der Rampe, verhindere das Flüchten derer die schon oben sind, verjage Ziegen und die Auszubildende versucht von unten Schafe hoch zu schieben, während die Herde zu weitläufig um den Hänger steht, weil kein Hund die Arbeit tut.
Fluch und Schwitz!
So voll wie wir wollen, bekommen wir die obere Etage nicht.
Die untere ist einfacher, da laufen die Schafe lieber rein, außerdem können wir über das Seitentürchen noch Tiere nachladen bis ganz voll ist.
Endlich ist es geschafft, Klappen zu und los geht es.
Quer durch die große Stadt.
Mit Land Rover und riesen Hänger.
Das find ich immer recht vergnüglich.
Durch die lebende Fracht muss ich sehr vorsichtig fahren, nicht abrupt Bremsen und nehme viel Raum auf den Straßen ein.
Andere Verkehrsteilnehmer reagieren darauf erstaunlich positiv.
Wo sonst das Recht des stärkeren herrscht, gibt es diese Frage nun nicht.
Der stärkere bin ich.
Und sie nehmen alle Rücksicht, lassen mich rein, lassen mir die Vorfahrt.
Warum das so ist?
Wo ich es doch im sonstigen Fahralltag oft anders erlebe.
Vielleicht, weil es bei den Städtern eine gewisse Wehmut weckt.
Wie viele von ihnen würden jetzt gerne ihr schickes, schnelles Auto, ihre Fahrt zum Büro, gegen eine abenteuerliche Fahrt im Defender tauschen?
Noch mehr belustigen mich andere Land Rover Fahrer.
Sie grüßen.
Dabei, also was hat diese alte, abgefuckte Schäferkarre mit ihrem glänzenden, um Jahre jüngeren, noch nie Dreck gesehenen, Auto zu tun?
Auch hier wohl wieder, der Traum.
Der Traum, den ich lebe.
Ja, ein gutes Gefühl.
Am Ziel angekommen baue ich acht Zäune auf, durch Büsche und Bäumchen krunkelig und schnörkelig. Lange haben sie da nicht.
Die Schäfchen, vom Hänger entlassen, fressen das kurzgemähte Grün, sind aber auch sehr unsicher. Ihnen fehlt die große Herde. Ja, nett wäre, die Flächen mit Schlachtlämmern zu pflegen, die aber sind für dieses Jahr schon alle weg.
In der kurzen Zeit in der ich dort bin, kommen Spaziergänger mit Hunden über Hunden vorbei. Zum Glück sind die Schafe verrückte Köter, auf der andren Seite des Zaunes, gewohnt.
Auch das Batteriegerät tut seine Pflicht, wie ich bei der Abfahrt noch Beobachten darf.
Der Hund wird sich in Zukunft hüten, Schafe zu hüten.

auf der Insel

Zurück geht es, quer durch die Stadt.
Mal bei den Anderen anrufen, wie weit sie mit ihrer Tour sind, ob sie mir vielleicht beim Laden helfen können.
Ja, sie können einen Schlenker über die Herde fahren.
Diesmal geht das Aufladen besser.
Die Auszubildende hält mit ihrem Hund die Herde am Hänger. Das Hundchen ist die Schwester von meinem Lillebror, ein Jahr alt und arbeitet schon mit viel Verstand.

Geschwister, Pira und Lillebror

 
Als ich schwer beladen wieder starte ist es kurz vor vier Uhr, Arbeitsschluss für den gemeinen Städter.
Zeit, um sich voll Begeisterung in den Feierabend, ach, ne, halt, Berufsverkehr zu stürzen.
Die Stadt ist dicht und es geht nur langsam voran.
Auf der Gegenspur, stadtauswärts, ist es noch schlimmer, da stehen die Autos.
Aus einer Seitenstraße von rechts will einer links abbiegen.
Vermutlich stand er da schon eine Weile, kam nicht raus. Nun beschließt er, einfach mal auf die große Vorfahrtstraße zu fahren, irgendwer wird ihn dann doch sicher nach links reinlassen.
Pustekuchen, natürlich nicht, er bleibt stehen.
Nur ich komme da gerade von oben. Schnell bin ich nicht und als er da raus fährt, quer auf meiner Fahrbahn stehen bleibt, gehe ich voll in die Eisen.
Aber ich hab den schwer geladenen Hänger dran, da ist der Bremsweg nun mal länger.
Ich schrei, fluche.
Der Hänger schiebt.
Hektisch schlage ich aufs Steuer, aber nein, der Defender hat die Hupe ja auf der Seite.
Genutzt hätte die eh nichts, wo soll der Quersteher auch hin?
Also Hände am Steuer lassen. Festhalten.
Ich rutsche.
Zwanzig Zentimeter vor dem Aufprall.
Auto und Hänger stehen.
Ich kurbel das Fenster runter, Brülle aus voller Lunge Beschimpfungen.
Der Opa, der gerade so entgangen ist, von einem Land Rover volle Breitseite zu bekommen, blickt nichts, hat nun aber eine Lücke um weiter zu fahren.
Natürlich, alle anderen Verkehrsteilnehmer sind starr vor Schreck, war doch deutlich zu sehen, was da gerade beinahe passiert wäre.
Ich bekomme einige beifällige Blicke und Gesten, einer fährt sogar sein Fenster runter um mir zu signalisieren, dass er gesehen hat, wie eng das war.
Ich stehe total unter Schock. Langsam fahre ich wieder an, zur nächsten Tankstelle.
Da stehe ich dann und bestaune meine zitternden Hände.
Erstmal Zuhause anrufen und das erlebte los werden.
Ungefähr zehn Minuten später will ich wieder starten.
Der Defender macht keinen Zucker.
Scheiße!
Nichts, nada, keine Reaktion.
Mein erster Gedanke, hab ich in dem ganzen Schreck vielleicht die Zündung angelassen, die Batterie ist alle?
Wieder telefoniert, ob jemand kommen kann, mich überbrücken?
Das Auto macht nichts mehr?
Nichts mehr.
Das ist nicht die Batterie, warte, ich komme.
Nun stehe ich also, mitten in der Großstadt an einer Tankstelle, 40 Schafe auf dem Hänger und keine funktionierende Zugmaschine.
Ja, der Land Rover macht nichts mehr, da helfen auch keine Tricks und kein Anschleppen.
Er ist und bleibt tot.
Was nun?
Ist er doch auch die einzige Zugmaschine im Betrieb.
So wird unser Land Rover Schrauber angerufen. Er kennt das Auto. Und uns.
Er kommt.
Und er hängt den Hänger an und wir beide ziehen die Schafe an ihren Bestimmungsort.
Land Rover Schrauber, ein Beruf aus Leidenschaft, nicht anders als Schäfer.
Die Geschichten sind spannend anzuhören, nur eins, nenne gegen über so jemandem einen Defender niemals Jeep.
Da sollte ich jetzt wohl nicht noch erwähnen, das das Rechtschreibprogramm meines PCs Rover anstreicht, Jeep aber nicht.
Nach dem die Schäfchen sicher bei den anderen abgesetzt sind werden ich und der Hänger noch nach Hause gefahren.
Super, vielen Dank dafür.
Als ich ins Haus komme ist es kurz vor acht Uhr.
Da kommt ein Anruf von der Polizei, ein Schaf ist draußen.
Wo ist das Schaf draußen? Es gibt mehr als eine Gruppe.
Auf der Insel in der Stadt.
Also gut, los geht’s, wir kommen.
Zu zweit fahren wir, wieder durch die ganze Stadt. Immerhin, die Leute sind nun größten teils Zuhause, wir kommen gut durch.
An der Straße zur Insel, bestimmt noch einen halben Kilometer von der Herde, steht ein Polizeiauto.
Wir fahren erstmal zu den Schafen. Batteriegerät schlägt, Schafe sind da. An einer Stelle sieht der Zaun aus, wie notdürftig und unerfahren wieder aufgebaut.
Aber kein einzelnes Schaf zu sehen.
Also gucken wir mal, warum die Polizei gestanden war.
Und da stehen sie.
Polizisten um ein einzelnes Schaf, durch blinkendes Blaulicht beleuchtet.
Das Schaf überlegt, wie es durchbrechen soll, nur weg, immer weiter weg.
Ich bin noch hundert Meter entfernt, rufe.
„Mäh, Ihr Schafe, mäh, Ihr Schafe.“
Bei dem Schaf gehen die Ohren hoch, der Kopf in meine Richtung.
Unsicher und zögernd, aber es läuft mir nach.
Bis zur Brücke auf die Insel.
Hier fällt ihm wieder ein, dass doch dort drüben irgendwas mit einem gefährlichen Hund war.
Von alleine würde ein Schaf nicht durch den Zaun brechen und so weit von seiner Herde weglaufen.
Das Schaf steht wie festbetoniert, da hilft mein Rufen auch nicht mehr.
Also gehe ich zu der kleinen Herde die mich schon freudig erwartet, öffne den Zaun und lasse sie heraus.
Vertrauensvoll folgen sie mir über die Brücke. Als das verlassene Schaf sie sieht macht es einen Freudenluftsprung und vereinigt sich mit seiner Herde.
Brav gehen sie mit mir zurück auf die Weide.
Schafe sind doch einfach das Beste!
Dass ich sie ohne Hund handeln konnte, liegt einfach daran, dass Schafe unglaublich sicherheitsbedürftig sind. In so einer Situation, dunkel, alles fremd, die große Herde fehlt, halten sie sich an dem was sie kennen und vertrauen.
Das bin ich und es gibt mir ein unglaublich warmes Gefühl.
Gute Nacht, Ihr Schafe!
Nun ist es bald zehn und der Defender steht immer noch auf einer Tankstelle mitten in der Stadt.
Und da muss er noch weg, zur Werkstatt, spätestens morgen Abend muss er wieder laufen.
Wie gut, dass der Schrauber Deines Vertrauens zur Not auch mal sein Wochenende drauf gibt.
Also auf zur Tankstelle.
Oh, oh, jetzt bin ich doch schon ganz schön müde.
Immerhin, es ist Dezember und die frische Luft hält wach.
Da nichts am Land Rover geht, auch keine Lüftung bleibt mir nur, um beschlagene Scheiben zu verhindern, das Fenster offen zu haben.
Wenigstens das Warnblinklicht funktioniert.
So hänge ich da hinten am Bus, eine Bremse die kaum tut, eine Lenkung bei der ich richtig zerren muss und dazu Sichtweite von zwei Metern.
Total entspannt!
Wow, bin ich froh, als der Tag vorbei ist.
Aber das schöne ist doch, irgendwann kommt man doch in sein Bett.
Oh, schläft es sich dann gut.
Und, dass am nächsten Morgen der nächste Hund Schafe aus dem Zaun gejagt hat, weiß man ja auch noch nicht.
Schlaft Gut, Träumt schön, wiegt Euch ein in Eure Lieblingsgeschichte.


Flächenpflege für die Stadt


Dienstag, 3. Januar 2017

Wolf

Meine Meinung zum Wolf.
Einige werden sagen, wurde auch Zeit!
Andere, jetzt die auch noch, hätte sie nicht dazu ihr Maul halten können?
Wieder andere sind überzeugt davon, meine Meinung schon längst zu kennen.
Zumindest begegnen mir immer wieder Leute, die schon vorher wissen, was ich denke und mich je nach ihrer eigenen Überzeugung, als Verbündeten oder Feind sehen.
Wo fange ich an?
Wölfe fand ich schon als Kind faszinierend.
So sehr, dass ich bereits mit zwölf Jahren Erik Zimens „Der Wolf“ las. Die alte Ausgabe, die noch wesentlich wissenschaftlicher war, als die, die jetzt in meinem Regal steht. Überhaupt habe ich viele Fachbücher über Wölfe gelesen und war immer dran an dem Thema.
Konnte ich damals ahnen, dass bald jeder Idiot seine eigene Meinung zum Wolf haben würde und, dass er sich auf Kosten aller anderen verbreiten darf?
Nein.
Konnte ich wissen, dass sich die Leute in Kleinkriegen, Beschimpfungen und Verurteilungen ertränken würden, ohne jeden Respekt, ohne jede Toleranz.
Alle erschießen.
Alle, die das sagen, erschießen.
Dabei, nutzt das irgendjemand?
Da wird mit dem Finger gezeigt, Leute verwünscht.
Und ändert es irgendetwas?
Ich möchte gar nicht wissen, was gerade z.B. in den großen Umweltschutzverbänden abgeht, auf die so gerne gefeuert wird. Sind die es doch, die sich an der Basis für Arterhaltung in ihren Naturschutzgebieten einsetzen. Ein Aussterben der Weidetierhaltung macht auch da viel zu nichte.

Die derzeitige Wolfsentwicklung bringt mich nun doch dazu, meine Meinung zu sagen.
Denn jetzt liefert der Wolf Beweise, für das, was zu erwarten war.
Und das überrascht mich tatsächlich, denn mit diesem Tempo hätte ich nicht gerechnet.
Was hätte es genutzt, die Entwicklung voraus zu sagen?
Nichts.
Zu überzeugt waren die, die keine Ahnung hatten, von Dingen wie:
Natürliche Scheu.
Kehlbiss.
Frisst nur, was er braucht.
Unterstützt wurde und wird diese Dummheit mit einer unglaublichen Propaganda von Experten, bei denen mich es wundert. Sei müssten es eigentlich wissen.
Sind sie so doof?
Oder verbreiten sie für ihre eigenen Interessen gezielte Lügen?
Letzteres ist leider zu vermuten, besonders, wenn mit allen Mitteln versucht wird, die Befürchtungen und Ängste der Weidetierhalter zu diskreditieren.
Rotkäppchenmythos, Panikmache, Schäfer seien zu Faul die Schafe richtig einzuzäunen, Moderhinke zu behandeln und schieben all ihre Nöte auf den Wolf usw.
Am beliebtesten das Argument, dass doch unerzogene, ungesicherte Hunde weit mehr Probleme machen.
Was für ein unglaubliches Argument!
Rechnet man mal nicht, gerissene Tiere von Hunden oder Wölfen, sonder gerissene Tiere prozentual auf den Gesamtbestand Hund oder Wolf, zeigen sich unsere Haushunde als wesentlich friedlicher.
Dazu kommt doch, von was stammt der Hund ab?
Ja, was für eine Frage.
Aber wie kann das Argument, der durch Hunde getöteten Schafe, für den Wolf sprechen?
Einen Wolf, der sich ungehindert bei reich gedecktem Tisch vermehren darf?

Weiter verstehe ich nicht, wie das dann Natur sein soll.
Was ist Natur?
Der Mensch gehört auch zur Natur!
Zu glauben, wir könnten uns da raus halten, ist total unlogisch.
Wir nehmen nun mal Einfluss.
Auch, wenn wir nichts tun.
Gerade, wenn wir nichts tun.
Wir decken dem Wolf mit leichter Beute einen reichlichen Tisch, sagen bedien Dich und nennen die Entwicklung dann Natur.

Ich springe noch mal zurück zur Abstammung des Hundes.

Vor vielen, vielen Jahrtausenden gab es einen Zusammenschluss von Mensch und Wolf.
Dies war kein geplanter, durchdachter Akt.
Der Mensch war zu dem Zeitpunkt Jäger und Sammler, streifte in Gruppen durch die Wildnis.
Nicht viel anders, als der Wolf.
Von der Möglichkeit, Pflanzen zu kultivieren und wilde Tiere zu domestizieren, wusste der Frühmensch nichts.
Der Zusammenschluss erfolgte zufällig, und doch war er das wohl entscheidende Ereignis in der Entwicklung der Menschwerdung.
Plötzlich gab es eine Sicherung des Lagers, Abfallbeseitigung und Jagdunterstützung.
Die Lebenssituation der frühen Menschen verbesserte sich erheblich, Energien konnten in andere Dinge gesteckt werden, die Grundlage für die Idee der Tierhaltung war geboren.
Der Bund dieser beiden Nahrungskonkurrenten war also mehr als positiv.
Er konnte aber nur erfolgen, da der Wolf in Anpassungsfähigkeit uns in nichts nach steht. Dazu ist er in seiner sozialen Interaktion uns Menschen sehr ähnlich.

Domestikation bedeutet immer eine gewisse Rückentwicklung. Zwar können einige Eigenschaften heraus gezüchtet werden, doch ist das Gehirn immer kleiner als die Urform, die Intelligenz nicht so ausgeprägt.
Bei dem, was unsere Hunde alles bewerkstelligen, wie können wir dann allen ernstes annehmen, dass der Wolf nicht lernen könnte?

Mache ich mal einen kurzen Schlenker in die Hundezucht.
Schäferei, da werden noch Hunde auf ein Ziel hin gezüchtet, das nichts mit Optik zu tun hat. Es geht um Hüteleistung, Robustheit.
Da ich viel rum komme, sind mir schon unglaublich viele Würfe begegnet.
Immer wieder waren da Welpen dabei, die wesentlich Scheuer sind, als ihre Geschwister. Hunde die mehr Angst haben, mehr Vorsicht zeigen und ihre Umwelt mit Argwohn und Misstrauen betrachten.
Früher habe ich gesagt, sie sind wölfischer.

Nun gehe ich mal davon aus, dass in einem Wurf Wolfswelpen eine ähnliche Variabilität vorliegt, wie bei Hunden.
Es wird mutige geben, es wird scheue geben und natürlich die ganze Bandbreite dazwischen.
Der scheu Wolf lässt so manche Beute lieber laufen, als sich in Gefahr zu bringen. So hat er über Jahrhunderte sein Überleben gesichert.
Heutzutage hat dieser aber Pech. Seine Scheu ist unnütz, seine Geschwister die mutiger und dreister sind, haben jeden Erfolg. Sie gehen einfach los, bedienen sich.
Es gibt nichts, was ihnen entgegen steht, gar nichts. Sie sind am Zug.

Und dann erkläre mir bitte noch mal einer, weshalb dass keine Beeinflussung von uns Menschen ist?

Die Herdensicherung ohne Entnahme von den, sich an unseren Weidetieren bedienenden Wölfen ist nicht möglich!!

Ja, höhere Stromzäune, Hirtenhunde, Flatterband, nächtliches dabei schlafen.

All das nützt nichts!!

Dabei wurde es uns Schäfern versprochen!
Von Experten!
Wie gesagt, entweder Idioten oder gezielt lügenden.
Herdenschutzhunde mit Erfahrung, können einen einsam durchziehenden Wolf abschrecken.
Aber kein gezielt auf diese Beute aus seiendes Rudel.

Schauen wir nach Niedersachsen.
Es sind Hüteschäferein.
Das heißt, die Herden werden am Tag vom Schäfer gehütet, Nachts kommt sie in einen Nachtpferch.
Am Tag machen die Schafe Landschaftsschutz, pflegen Naturschutzgebiete, machen damit Artenschutz. Durch das Hüten können Gebiete genau nach Wunsch abgeweidet werden, das Pferchen Nachts sorgt für Nährstoffaustrag.
Nun hat sich der Wolf wieder angesiedelt.
Der damit verbundene Mehraufwand ist enorm.
Die Zäune für den Nachtpferch müssen höher sein.
Dass heißt nicht nur Investitionen, auch der Arbeitsaufwand beim Tragen und Stecken ist ungleich höher.
Zur Absicherung noch ein Flatterband um den Zaun verdoppelt die Aufbauzeit.
Dazu kommen die Herdenschutzhunde, auch Hirtenhunde genannt.
Die Kosten schon in der Anschaffung richtig Geld.
Weiter kann man sie nicht einfach in die Schafe setzen und das läuft dann.
Nein, sie müssen gezielt Ausgebildet werden. Dazu gehört, auf den Namen zu hören, Auto fahren, mit den Hütehunden verträglich sein, nicht aus dem Pferch springen, friedlich mit den Schafen sein. Gerade letzteres ist nicht einfach. Immer wieder gibt es Hirtenhunde, die auch Schafe jagen. Dies zu verhindern wird nicht nur dadurch erreicht, den Hund früh in die Herde zu setzen.
Gut ist, wenn ein erfahrener Hund ihn anlernt. Dann muss man das Geschehen in der Herde genau im Blick haben. Fängt der Junghund an, mit Schafen zu spielen, sollte er sofort die Herde wechseln. Mancher Hund zeigt sich auch als ungeeignet zum freien Dienst in der Herde.
Der Pferch für die Nacht muss größer sein, die Hunde müssen die Möglichkeit haben sich entspannt in der Herde zu bewegen.
Also auch ein größerer Aufwand, außerdem ist natürlich bei mehr Futter Nachts der erwünschte Nährstoffaustrag nicht mehr ganz so gewährleistet.
Während der Hütezeit können die Herdenschutzhunde nicht in der Herde bleiben.
Sie würden die Hütehunde behindern, dazu halten sie sich nicht nur zwischen den Schafen auf, sie bewegen sich frei und sichernd im Umkreis der Herde. Dabei ziehen sie Schafe wie Leittiere hinter sich her. Dazu gibt es am Tag auch zu viele Spaziergänger.
Die Schutzhunde einfach auf einem Hänger parken ist nicht möglich. Der Hänger hat nicht die Normabmessungen eines hundegerechten Zwingers. Da ist es völlig egal, dass die Hunde die ganze Nacht Freilauf hatten und dazu gearbeitet haben.
So müssen sie auf den Betrieb in die Zwinger gefahren werden.
Das dann jeden Morgen und Abend, wenn man mehrere Herden laufen hat aus allen Gruppen, egal wie weit die Herde gerade weg steht.
Nun hatten wir es ja schon, dass Wölfe extrem lernfähig sind.
Neueste Taktik ist, man kommt Nachts, macht vor dem Zaun Alarm. Die Herdenschutzhunde gehen vor, die Herde nach hinten. Nun springen von hinten Wölfe ein, fangen an zu metzgern. Die Schafe fliehen in Panik, reißen den Zaun ein.
Die Hirtenhunde sind überfordert, was sollen sie tun?
Bei welchen Schafen bleiben?
Außerdem sind sie ja Zertifizierte Herdenschutzhunde, die dürfen nicht über den Zaun gehen.
Eine Erziehung zur Sicherheit der Bevölkerung, also bleiben sie im Zaun.
Die Wölfe haben mit den ausgebrochenen Schafen ihr Festmahl.
Nun kannst Du als total verzweifelter Schäfer anfangen, bei der Herde im Wohnwagen zu schlafen.
Wobei das Wort „Schlafen“ in dem Zusammenhang schon bitter schmeckt.
Was ist das für ein Schlaf, wenn Du weißt, das jeden Moment die Hölle losbrechen kann.
Wenn Du bei jedem Hundegebell einen Senkrechtstart hinlegen musst.
Und dann?
Dann rennst Du raus.
Es ist stockdunkel.
Hunde toben.
Die Herde in totaler Panik.
Und Du bist absolut machtlos!!

Wie schön, wenn dann ein Minister kommt und Dinge sagt, wie
-der Zaun war sicher an einer Stelle nicht ordentlich aufgebaut
oder
-meine Wähler sind in der Stadt und der Städter will den Wolf.

Ach, da können wir auch noch zu der nächsten großen Lüge kommen:
In anderen Ländern klappt das mit den Wölfen problemlos.

Schauen wir doch z.B. nach Rumänien. Die Hirten schlafen nachts bei der Herde, haben acht und mehr große Herdenschutzhunde frei laufen. Dadurch, dass sie frei laufen, können sie um die Herde einen wesentlich größeren Radius absichern. Sie halten Wölfe frühzeitig von den Schafen fern.
Juhu, es funktioniert.
Nun ist es aber so, dass es selbst in so einem wenig besiedelten Land, mit noch weniger Freilufttouristen, trotzdem zu Zwischenfällen mit der Bevölkerung kommt.
Die Lösung der Regierung, wir schreiben den Schäfern per Gesetzt die Hundezahl vor.
Hier bei uns kommt nur an, dass die rumänischen Schäfer unverantwortlich viele Hunde halten.
Selbst, als ich in Turin bei der Terra Madre mit einem Rumänen, der mit Strickarbeit Frauen in seinem Land ein Einkommen ermöglicht, sprach, wusste der nur zu berichten, dass die Schäfer in seinem Land ja leichtsinnig zu viele gefährliche Hunde hielten.

Oder ein Gespräch mit dem kleinen kurdischen Jungen, der in seinen Ferien Zuhause Schafe hütet.
Ich fragte, ob er keine Angst vor Wölfen habe, wenn er mit den Schafen unterwegs ist.
Seine Antwort, dass dann sein Onkel mit dem Gewehr komme. Einmal kam ein Wolf, sein Onkel habe auf ihn geschossen.
Plötzlich zuckt der Junge, ihm fällt wohl ein, dass das nicht erlaubt ist. Schnell sagt er: „Aber nur ins Bein und dann sind wir ganz schnell mit dem Wolf zum Tierarzt.“

So weit ich weiß ist es so: In allen Ländern, wo es „gut“ funktioniert mit dem Wolf, sind die Hirten bewaffnet.
So und nicht anders hat es auch früher funktioniert.

Shoot, shovel, shut up.

Noch haben wir in Hessen und auch Schleswig-Holstein Glück. Noch gibt es keine sesshaften Wolfsrudel.
Es bricht mir das Herz, wenn ich an die Zukunft denke.
Wir Schäfer sind keine Fleischproduzenten.
Wir pflegen die Landschaft die Sie lieben.
Wir haben eine Verbindung zu unserer Herde.
Die Tiere vertrauen uns, verlassen sich auf uns.
Wir sind Ihre Hirten, wir sorgen für sie, hegen und pflegen sie.
Wenn ich mir vorstelle, ich muss das sehen, Tiere die zerfetzt sind, denen die Gedärme aus dem Bauch hängen.
Leithammel Klimke, meine Butterblume, das Falsche Raudi.
Selbst um die Saugeiß Pretorius würde ich weinen.
Alleine nur jetzt darüber nachzudenken.
Dieses Entsetzen.
Die Hilflosigkeit.
Meine Tiere, die mir Vertrauen.
Das entsetzen der Herde zu spüren.
Eine Schafherde, die fast schon ein schwarmartiges Bewusstsein hat, die Angst und Panik zusammen wahrnimmt.
Die sich in unsicheren Momenten immer an ihren Hirten wendet.

Das Gefühl, das sich nur beim Schreiben dieser Zeilen in meinem Magen bildet, ist so was von entsetzlich.
Ja! Ich bin emotional!!!

Soll dann einer kommen und sagen: „Was denn, es wird doch entschädigt.“
Da ist nichts zu entschädigen!
Ich spring ihm ins Gesicht!
Ich reiß seinem Hund den Bauch auf und sage: „Was jammerst du, du wirst doch entschädigt. Aber nicht den Welpenpreis, war doch schon ein olles Tier.“

Oh, erschrecke ich jemand mit diesen Sätzen?
Gut so!

Denkt jetzt jemand, ich wäre ein Wolfshasser?
Dazu kann ich nur sagen:
Ich liebe meine Schafe.
Und esse sie, gerne und mit gutem Gewissen.
Ist eins dabei, dass sich nicht an meine Regeln hält, zum Beispiel über den Zaun springt, geht es nach Kleinsibieren.

Ich liebe Hunde.
Habe ich ein Hund, der an Schafen Schaden macht, kommt er nicht mehr ans Vieh.
Ein Hund der Kinder beißt oder wildert muss so gesichert werden, dass er das nicht mehr tun kann, ohne Kompromisse!

Erkennt es: Die Rückkehr des Wolfes ist ein Problem.
Wölfe, die sich an Haustieren bedienen, müssen entnommen werden.
Es gibt keine andere Alternative.

Sonntag, 1. Januar 2017