Sonntag, 3. Dezember 2017

Dreimal Welpen




Bolle Socke

Genau weiß ich nicht, wie ich anfangen soll. Wie diese Geschichte erzählen?
Da war nun der neunte Todestag meines ersten Hundes und ich habe ihren Nachruf in meinen Blog gestellt.
Und doch war da noch ein erster Hund.
Nur leider sehr kurz.
Ich entschließe mich nun, 22 Jahre später, von ihm zu berichten.
Nicht um noch daran rum zu urteilen, oder hätte, könnte, wäre, zu diskutieren, sondern einfach, weil ich viel, sehr viel daraus gelernt haben.
Zurück in mein erstes Lehrjahr zur Schäferin im Winter 1994/95.
Damals, als ich am spekulieren war, welche der drei Hündinnen auf dem Betrieb wohl meinen Hund gebären würde.
Wie schon in dem Gipsy Nachruf geschrieben, kam es anders.
Die Hündinnen wurden alle zusammen im Januar hitzig, zu spät. In der Frühjahrsreisezeit wurde jeder Hund gebraucht, keine durfte dann mit Welpen liegen.
Und doch wurde es höchste Zeit, dass ich Auszubildende einen Welpen bekam, immerhin wäre ich schon im zweiten Lehrjahr, bis der dann mit zu den Schafen könnte.
So klemmte sich mein Meister ans Telefon um in Erfahrung zu bringen, ob ein Kollege einen Wurf Altdeutscher Hütehunde hätte.
Es fand sich ein Welpe, ein Rüde.
Eigentlich ist mein Meister der Überzeugung, dass ein Auszubildender mit einer Hündin beginnt, da die doch in der Tendenz leichter zu handeln sind als Rüden. Und doch fuhr er den Welpen holen.
Meine Aufregung war unglaublich.
Endlich, endlich! Mein Hund.
Und da war er, ein kleines, schwarzes, lockiges Kerlchen.
Mein Meister aber berichtete, das der Welpe mit seiner Schwester und Mutter zusammen in einem kahlen Zwinger gelebt hatte. Es hatte nicht mal eine Hütte oder wenigstens einen Tisch gegeben. So hatte die Mutterhündin keine Rückzugsmöglichkeit gehabt, was hieß jede Ruhepause musste sie mit Gewalt erzwingen.
Dazu hatten die Welpen so wenig menschlichen Kontakt erfahren, dass man den Welpen wie ein flüchtiges Kaninchen raus fangen musste.
Ich machte mich also daran den kleinen Bolle Socke, nach dem Kinderkosename einer Freundin benannt, zu zähmen.
Dies klappte augenscheinlich sehr gut. Er wurde ein netter, witziger Welpe.


Bis auf die Kleinigkeit, dass er nie mit Schnauze oder Kopf Kontakt zu einem aufnahm. Und dass er wegzuckte, wollte man ihm von oben auf den Kopf langen.
Bolle wuchs und da ja Winter war und damit kurze Arbeitstage hatte ich viel Zeit, mich mit ihm zu beschäftigen.
Als er älter wurde zeigte er sich immer Stressanfälliger.
Da ging er schon gut und selbstverständlich bei mir an der Leine, war aber Aufregung da, zog er panisch und wie verrückt. Aufregung bedeutete in dem Fall, dass wir alle Hunde des Hofes zwei mal am Tag zusammen auf der Hauskoppel „springen“ ließen. Den Weg dahin mussten sie lose um den Mensch gruppiert gehen. Wildes toben und voraus rennen wurden untersagt. Dies weil an der Koppel ein Fluss entlang führte, an dem manchmal auch ein Angler stand und der dann nicht von acht bis zehn großen Altdeutschen Hütehunden überfallen werden sollte. Junghunde kamen dabei immer an die Leine, da das weniger Druck für sie war, als sie unter ein Kommando zu zwingen.
Doch für Bolle war jede Art von Stress schon zu viel, führte zu totaler Panik. Dabei ging der Druck ja nicht gegen ihn, sondern war auf die älteren Hunde gerichtet.
Schlimmer noch, wenn er sich bedrängt fühlte. Dann ging er nach vorne und biss wild um sich. So geschah das auch z.B. bei einem Bad gegen Flöhe. Fünf Monate alt, und bereit mich ernsthaft zu verletzen.
Bolle Socke war sechs Monate alt, als mein Meister zu dem Schluss kam, dass dieser Hund zu viel für mich Anfänger ist. Er übernahm ihn und suchte ihm einen Platz auf einem Bauernhof.
Gipsy war zu dem Zeitpunkt 15 Wochen alt und seit 5 Wochen auf dem Betrieb. Sie war das Geschenk eines befreundeten Schäfer und nun wurde sie an mich weiter gegeben.
Ihre und meine Geschichte habe ich schon tausendmal erzählt.

Lillebror

20 Jahre später.
Eigentlich wollte ich keinen Welpen.
Erstrecht nicht von diesen Eltern, so gerne ich beide hatte und so hübsch sie waren, so wenig entsprachen sie dem was ich in einem Hütehund sehen möchte.
Doch der Wurf bot sich an und der Wunsch in meiner Familie nach einem Welpen („Alle haben immer Welpen, nur wir haben nur ältere Hunde!!“) war groß.

 
Aber auf kleinen Fall wollte ich einen Rüden.
Und dann sah ich die vier Welpen das erste mal im alter von zwei Wochen.
Der kleine Tigerrüde war es!
Auf den ersten Blick!


Nur war er schon vergeben, sollte meine Wahl ja zwischen den beiden Hündinnen stattfinden.
Zwei Wochen später der Anruf, dass die Rüdeninteressenten nun doch lieber den Schwarzen mit länger werdendem Fell nehmen wollten.
Damit war klar, ich bekomme den kleinen Tiger.
Lillebror, kleiner Bruder.
Geboren am 25. November 2015 durch Kaiserschnitt lebte er die ersten vier Wochen im Haus.






Doch als die Kerlchen aktiv wurden ging es raus in den Zwinger. Ein extra Welpengehege im Stall.




Marlis, die Mutterhündin konnte rein und raus springen, wie es ihr behagte.


Dazu liefen auch die Welpen frei, wann immer jemand am Stall war.
Überhaupt gab es viel Besuch, von Erwachsenen wie Kindern, die zum Welpenknuddeln kamen.




 Lillebror war immer etwas anders als seine Geschwister. Er war ruhiger, nicht so an die anderen angeschlossen und doch immer nah am Menschen. Genau das, was ich mir vorstellte.











Als Mutter Marlis und die Geschwister bis auf eine den Betrieb verließen, liebte es Lillebror, zu den Flaschenlämmern zu klettern, mit denen zu turnen oder sich unter die Wärmelampe zu kuscheln.


(Die Welpenbilder von Lillebror stammen von Michelle Berkel. Vielen, vielen Dank dafür! Sie waren und sind eine große Freude!)


Mit zehn Wochen kam er dann zu mir und band sich vom ersten Augenblick an mich.
Nicht einmal weinte er nach seinem alten Zuhause und trottelte mir auf Schritt und tritt hinterher, begierig unsere Welt erkundend.

ich schneide Klauen







Nun ist er zwei Jahre alt, ein wunderbarer, selbstbewuster junger Rüde. Da ich beide Eltern gut kannte, ist es sehr spannend, zu sehen, was er von diesen mitbringt und wie ich gewisse Anlagen erzieherisch beeinflussen kann. Auch ist interessant zu beobachten, dass er Dinge mitbringt, die keiner seiner Eltern hatten, die aber durchaus von Vorfahren schon gezeigt wurden. Aber dazu ein andermal mehr.
Herzlichen Glückwunsch zum 2. Geburtstag mein Lillebror.


Welpen

Diesen August gab es in meinem Ursprungsbetrieb ein Wurf Altdeutscher Strobelwelpen, zehn Stück an der Zahl.
Halt, halt, wer nun denkt, das wird die Geschichte eines dritten Hundes für mich, bloß nicht.
Nein, nein.
Ich habe keinen festen Betrieb, nicht die Notwendigkeit mehr Hunde zu halten, so viel komme ich nicht zum hüten. Zwei reichen in meinem unsteten Lebensalltag völlig.
Zurück zu den Zehn.
Draußen in Hütte und Zwinger geboren wuchsen sie zu properen kleinen Knäulen. Natürlich sind zehn für eine Hündin selbst mit so viel Milch wie Lilou ganz schön viel. Ab der 2,5ten Woche füttert man zu.
Als sie mobiler wurden, wurde ihre Zwingertür geöffnet und sie konnten sich auf großer Fläche frei bewegen.


Dazu hatten sie viel menschlichen Knuddelkontakt.


Auch wir sind extra dafür hingefahren, als die Welpen fünfeinhalb Wochen alt waren.


Nun ist bekannt, dass mein Vater sehr gute Altdeutsche Hütehunde im ursprünglich süddeutschen Schlag züchtet. Gute Weghunde, sauberer, druckvoller Griff, sich allen Anforderungen einer Wanderschäferei mit Begeisterung stellend. So geht der Interessentenkreis weit über Schleswig-Holstein hinaus.
Und da ich am Tag, als die Welpen 8 Wochen alt wurden, meine Oktoberfahrt nach Süden machte, bot es sich an, dass ich Welpen mitnahm.
Kein Problem.
Am Abend vorher war ich dann doch etwas besorgt. Nicht nur ist mein Auto mit Gepäck, zwei großen Altdeutschen und einer unzufriedenen Katze schon ganz schön voll.
Außerdem fragte ich mich, wie wohl 500 Kilometer rum gehen, mit weinenden, pinkelnden, kotzenden Welpen im Kofferraum.
Bisher hatte ich immer nur mal einen Welpen transportiert, dies dann auf dem Beifahrersitz, in nahem Kontakt zu mir.
Ist natürlich bei drei völlig unmöglich.
So hatte ich einige Vorbereitungen getroffen. Eine gut ausgepolsterte Box, jede Menge Ersatzhandtücher und Küchenrolle. Dazu Wasser, Schüssel, Trockenfutter und drei Leinen.
Morgens wurden die Welpen erstmal die 120 Kilometer zu mir gebracht. Das hatte gut geklappt, hatten sie doch ihren Vater und vertraute Menschen dabei. So tollten sie auch gleich unbekümmert bei mir über den Rasen.
Meine Hunde, Ylva und Lille, waren entsetzt.
Ylva dachte wohl: „Das ist jetzt nicht ihr Ernst!?!“
Lillebror hingegen, der mit seinen fast zwei bei fremden Rüden schon den Dicken macht, fand diese kleinen unbekümmert forschen Dinger so was von gruselig. Grummelte mit eingekniffenem Schwanz um immer aus dem Weg zu springen, als würden die ihm gleich in die Füße hapsen.



Doch es lag noch eine weite Strecke vor uns, alle eingeladen, auf geht’s.


Ja, die Lütten mussten einen Moment weinen. Aber nicht lange, dann waren sie ruhig.
Alle zwei Stunden machte ich Rast, dabei suchte ich einen Platz wo möglichst kein anderes Auto fuhr und ich wenn, es rechtzeitig sah.
Und es war echt irre!
Nicht nur waren die drei ohne jede Angst. Nein, sie banden sich auch sofort an mich. Eine Leine war gar nicht nötig.
Interessant fand ich dabei, dass sie sich eben mich aussuchten, nicht etwa Ylva oder Lille.
Typisch Hunde eben, der Mensch ist das wichtige.

meine Reisekatze findest das mit den Welpen noch fürchterlicher als meine Hunde

Verweilte ich etwas an einem Ort fingen sie an das drum herum zu erkunden, mit einander zu spielen, Kontakt mit meinen Hunden zu suchen, immer wieder unterbrochen mit der Rückkehr zu mir, auf mein Schoß zu krabbeln, zu kuscheln oder zu beißeln.
Waren sie so beschäftigt, musste ich sie nur rufen und sofort hatte ich ihre Aufmerksamkeit, kamen sie angewatzt.


Die Welpen waren mir nüchtern übergeben worden, aber natürlich hält das so ein Zwerg nicht den Tag durch. So gab ich ihnen etwas Trockenfutter in die Box und bei jeder Rast gab es Wasser.
Und tatsächlich, 500 Kilometer, ohne das einer gespuckt oder sich sonst wie ins Auto entleert hätte.
Am Nachmittag konnten die glücklichen Neuwelpenbesitzer ihre kleinen Lieblinge bei mir abholen und in ihr neues Leben führen.
Die Welpen haben mich wirklich beeindruckt.
Und doch bin ich froh, das Lille gerade zwei und Ylva erst sechs wird.
Ich hoffe sehr, dass sie mir noch lange erhalten bleiben!
Und nicht nur, weil mir so ein süßer Pups gerade zu anstrengend wäre.

Lille und Ylva tun ihren Job, ihr Hobby, ihre Leidenschaft, Oktober 2017