Montag, 17. Februar 2020

Netzen im Januar 2020


Januar.
Was soll ich Euch erzählen?
Was gibt es zu berichten, wenn alles rund läuft?
Das Wetter ist für Januar sicher zu warm, wechselt zwischen Regen, diesiger Niesel und Sonne. 



 Nichts, wo ich drüber klagen könnte.





 Die Schafe grasen landwirtschaftliche Mähwiesen nach, gezäunt in Elektronetzen.


 Jeden Tag gibt es ein neues Stück. Zäune bauen, die Gedanken fliegen lassen.


 Einzige Herausforderung ist, die Größe richtig einzuteilen. Das Gras soll kurz werden, aber nicht auf die Wurzel verbissen. Und natürlich darf die Fläche nicht schwarz werden.


Da stehen die Wünsche und Vorlieben des Landwirtes im Vordergrund. Der eine mag es nur leicht abgegrast, der andere weiß, dass es etwas kürzer oder sogar zertreten im Frühjahr noch einen intensiveren Wachstum vorlegt.


Nicht immer einfach, die Menge richtig einzuschätzen. Besonders da noch so viele andere Faktoren mit rein spielen. Ist es eine junge oder alte Grasnarbe, kürzer oder länger, Tal- oder Hanglage, Frost, Regen, Nass, Trocken und natürlich, wie sind die Schafe drauf? Bereits hungrig oder noch voll, sind die Sommerlämmer in Spiel- und Rennstimmung. Zu groß darf ich die Fläche auch nicht zäunen, sonst bekommen die Schafe das Laufen und je mehr sie sich bewegen, besonders bei nassem Grund, je schneller ist alles eingesaut.


Ich baue den Zaun immer für mindestens den nächsten Tag vor. Zumindest, wenn der in Sichtweite der Schafe ist. Nichts macht eine Fläche schneller schwarz, als eine Herde die Dich hungrig beim Zaun bauen beobachtet, unruhig am Netz auf und ab rennt.


Auch baue ich die Netze immer so, dass ich mich am nächsten Tag frei entscheiden kann, ob ich die Herde rüber aufs frische lasse und den alten Zaun abbaue, oder nur die Trennung raus nehme, das gezäunte Stück damit vergrößere. Zu oft kommt meine geplante Einschätzung dann doch nicht hin, sie müssen runter von dem Stück oder umgekehrt, sie können es doch noch etwas mehr kürzen.


Es ist Lammzeit. Und doch ist es entspannt. Mehr als drei oder vier Lämmer gibt es nicht am Tag. Alle Einzellämmer bleiben mit ihren Müttern draußen, nur Zwillinge kommen in den Stall.
Doch es gibt fast keine Zwillinge, und die Male sind es total brave Mütter die ihren Lämmern selbstverständlich auf den Hänger folgen. Also perfekt, besonders auch weil die einzelnen alles pralle, runde, fitte Lämmer sind.


Was will man auch bei den momentanen Lämmerpreisen mit Zwillingen? Der extra Aufwand und die Fütterung kommen doch nicht wieder rein.
Schafe lammen am liebsten draußen und vor allem ungestört und in Ruhe. Dies ist dann natürlich vor allem Nachts. Wie oft bin ich schon in der Lammzeit Nachts noch raus gefahren und dann Morgens mit dem ersten Licht wieder.


Nicht so in der Eifel.
Die Herde wird prinzipiell vor Mittags nicht bewegt und auch kein Zaun in Sichtweite gebaut.
Und tatsächlich, die Schafe vertrauen auf diese Ruhezeit und lammen morgens.


So fahre ich früh nach ihnen schauen. Nur um sicher zu gehen, dass nicht doch irgendetwas über Nacht war.



Selbst die Hunde lasse ich zu Hause, keinerlei Signal für Aufbruch.
Und sie erwarten es auch nicht, ich kann durch die zum Teil schlafenden Schafe wandern.


Erst wenn ich mittags wieder komme, gibt es neues Futter, und ich kontrolliere die frischen Lämmer, bringe auf den Hänger was Heim muss.
Schön ist, wenn ich jetzt eine Fläche nahe bei habe, die nicht gezäunt werden kann, weil es eine zu neue Einsaat ist, oder einfach zu klein. Da kommen ich und die Hunde für ein zwei Stunden zum Hüten. Auch den Lämmern kommt dies zu gute, sind sie doch noch an keinerlei Regeln gewöhnt.



Das macht auch jeden Flächenwechsel zum Abenteuer.
Lämmer von drei Wochen bis neugeboren, die noch nichts von der Welt wissen. Nicht, dass man auf einem Weg bleibt, auf unbekanntem Untergrund wie Asphalt laufen kann, nicht, dass man der Herde folgt, nicht, was ein Hund ist.


Dafür sind die älteren schon so weit, dass sie gerne als freche Horde wild durch die Gegend rasen, am liebsten in die andere Richtung, als die in die wir doch eigentlich gerade wollten.
Die frischgebackenen Mütter wiederum rennen nervös ihrem Nachwuchs nach.
So sind wir möglichst ein paar mehr zum Umtreiben.
Einer geht vorne, drosselt das Tempo, damit auch nichts hinten verloren geht.
Zwei hinten zum rennen und scheuchen.



Und bei längeren Strecken auch noch jemand mit Auto, damit man Lämmer die wirklich noch nicht laufen, laden kann. Was aber dann bedeutet, dass die Mutter dazu nur noch hysterischer sucht.
Ich gehe mit meinen Hunden hinten. Ylva hatte als junger Hund ihre Anfänge hinter der Herde mit kleinen Lämmern gemacht und sie ist immer noch richtig gut darin. Sie pendelt hinter mir, ohne dass ich etwas sagen muss, bringt alles mit.
Für Lille ist das alles Neuland und schwer zu ertragen. Er klebt aufgeregt an mir, will etwas tun, aber jedes Schicken würde dazu führen, dass er zu doll rumpelt. In ein Pendeln hinter mir kann er sich nicht entspannen.
Und doch ist es gut ihn da hinten zu haben. Denn es geht nicht nur darum, die Lämmer zum Folgen zu scheuchen, sondern auch eben die Mutterschafe am Umdrehen zu hindern.
So ein Mutterschaf, das sein Lamm vermisst, kann auch mal auf die Idee kommen, dass sie es vielleicht auf der alten Fläche vergessen hat und versuchen zurück zu rennen.
Doch dumm sind sie nicht, ein Hund wie Lille hinter der Herde und sie versuchen solche Mätzchen noch nicht einmal.


Und dann kommt die Herde ins offene Feld und Lille kann sein Können unter Beweis stellen.
Die Lämmer und auch Schafe quellen in Nachbars Getreide. Oder besser, würden es gerne, dazu Naschen und wilde Rennspiele.
Doch da ist Lille.
Der Lärmpegel ist beim Ziehen Ohrenbetäubend. Mütter und Lämmer halten Kontakt über Stimme, somit ist alles am Mähen und Rufen.
Der Hund hört mich auf drei Meter Entfernung schon nicht mehr. Nun heiß es, sich darauf verlassen, dass er weiß um was es geht.
Und Lillebror hat es raus. Er pendelt zur verbotenen Frucht, immer am Druckpunkt, hart zu den Muttern, sanft und vorsichtig mit den Lämmern.
Das ist etwas, was ich riesig an ihm schätze, dass er sich für Lämmer zurück nimmt, vorsichtig mit ihnen ist, ohne sie ganz zu ignorieren.
Und wenn doch mal ein Lamm verloren geht, den Anschluss an die Herde verliert, kopflos flieht, ohne jede Orientierung?
Keine Chance, dass ich schnell genug wäre, so ein Lamm zu erwischen.
Dann gebe ich Lille das Kommando es zu holen, er rennt, drückt es auf den Boden und hält, bis ich da bin, es auf nehmen kann.
Klingen diese Umtriebe nach Chaos?
Mit nichten, es ist ein aufregender Spaß.


Für mich immer ein Highlight und was für ein gutes Gefühl, wenn alles wie am Schnürchen gelaufen ist, die Herde wohlbehalten im frischen Futter stehen.


Die Arbeitstage verlaufen glatt, rund und wie im Flug.
Es ist erstaunlich wenig Arbeit, zwischen sieben und acht Stunden täglich.
Und ich bin verwundert über mich selbst. So fit und voller Energie war ich schon lange nicht mehr.
Nicht ein Mal zähle ich Tage, wie lange ich noch muss.
Es könnte einfach immer so weiter gehen!
Und auch als mein Einsatz zu ende ist, kommt dieses -ich muss mich jetzt aber dringend erholen- Gefühl nicht.
So geht es also Menschen, die „ganz reguläre“ Arbeitszeiten haben?
Hat was.
Lach