Zu der
Behauptung Schäfer würden die im Frühling neugeborenen Lämmer zu
Ostern schlachten.
Nein,
tun wir nicht!
Ein
Schaf wechselt mit einen Jahr das erste paar Schneidezähne.
Bis
dahin gilt es als Lamm.
Lämmer
werden geschlachtet, wenn sie schlachtreif sind, dass heißt rund
oder auch abgedeckt über dem Rücken und von der Größe, durch
einen unerfahrenen Betrachter, nicht mehr von einem Schaf zu
unterscheiden.
Der
Begriff Milchlamm ist ein rechtlich nicht kategorisierter Begriff,
der nichts anderes beschreibt als ein solches oben beschriebenes
Lamm. Damit soll dem Kunden Zartheit suggeriert werden, da sich
hartnäckig das Gerücht hält, Schaffleisch sei zäh. Dabei würde
sogar ein Schaf über einem Jahr noch gut schmecken, das Fleisch wir
nur etwas fester.
Der
angeblich talgige Geschmack, den sich viele vorstellen, bezieht sich
auf Hammelfleisch. Das stammte früher von einem älteren,
kastrierten Bock, der in der Herde mitlief und das, was das
Mutterschaf zum Lämmer austragen und groß ziehen verwendete, in
Fett umsetzte. Solche Hammel sind heute nicht mehr zu bekommen, der
Verbraucher ist zu sehr gewohnt Fleisch zu essen, das in Konsistenz
und ich denke sogar Geschmack einem Wackelpudding gleicht.
Somit
sind Tiere, älter als ein Jahr nicht mehr zu vermarkten.
Ein
Lamm wird im Herdenverband geboren, wächst dort umsorgt von Mutter
und Schäfer heran. Mit etwa drei bis vier Monaten werden die
Böckchen abgetrennt, sie haben nun ein Alter in dem sie sonst ihre
Mütter und Schwestern decken würden. Es ist die natürliche Zeit
für ein junges männliches Tier die Herde zu verlassen. Nun sind sie
aber im allgemeinen noch nicht schlachtreif, leben also im
Lämmerverband weiter.
Ein
vorzeitiges oder zu frühes absetzen der Lämmer würde nicht nur zu
Verlustängsten auf beiden Seiten führen, sondern auch zu massiven
Euterproblemen bei dem Muttertier. Etwas was kein Schäfer haben
möchte.
Wie das
Paradoxon entstanden ist, dass der Verbraucher zu Ostern, wenn Lämmer
gerade erst geboren werden, Lamm essen möchte, weiß ich nicht.
Es
treibt auf jeden Fall den Preis in die Höhe, wobei, nicht nur wegen
Ostern, sondern einfach auch, weil es um diese Jahreszeit wenig
Lämmer zu kaufen gibt. Um diesen Markt nicht ganz Neuseeland mit
seinen umgedrehten Jahreszeiten zu überlassen, wo dass das Fleisch
um die halbe Welt gereist ist, bis es hier im Laden als frisch
verkauft wird, legen viele Schäfer kleinere Lammzeiten in den
Herbst. Diese Lämmer sind dann zu Ostern fertig. Doch die meisten
Lämmer werden in Deutschland immer noch um die Osterzeit geboren und
da nicht geschlachtet.
Wir
Schäfer sind gezwungen unsere Lämmer im ersten Jahr marktfertig zu
bekommen, da wir unter den wirtschaftlichen zwängen des Weltmarktes
stehen. Die Direktvermarktung lohnt sich in den wenigsten Fällen,
nicht nur ist der Arbeitsaufwand dafür immens, und Schäfer kämpfen
schon am Rand des menschlich machbaren. Auch hat Staat und EU mit
ihren auflagen dafür gesorgt, dass eigene Schlachträume nicht
finanzierbar sind und, bis auf den Freistaat, die Sonderregelungen
geschaffen hat, alle kleinen Schlachtbetriebe die auch kleine Mengen
an Tieren schlachteten, dicht machen mussten.
Die
Schäferei ist die letzte Tierhaltung in denen Nutztiere
flächendeckend in Freiheit ihr ursprüngliches Leben artgerecht
leben dürfen.
Um so
mehr wundern mich diese Kampanien dagegen, gerade von denen, die uns
doch unterstützen müssten.
Ist es
weil sie keine Ahnung haben? Weil sie prinzipiell gegen jede Art der
Tierhaltung sind und glauben die Welt könne mit Technik und
Industrie ohne diese leben? Weil sie gegen industrielle
Massentierhaltung nicht ankommen, und es einfacher finden, die die
schon am Boden liegen, die letzten Stiche zu geben?
Ich
kann verstehen, dass Menschen für sich entscheiden, kein Tier und
auch dessen Produkte zu verwenden.
Was ich
nicht verstehe ist der Kreuzzug gegen uns Schäfer.
Zuerst
sollte man bei sich selbst anfangen, was ist mit dem
Kobald-Minen-Kindersklaven-Handy, den in Bangladesch mit Bluthänden
genähten, die Meere verseuchenden Plastikklamotten, der dreifach in
Plastik eingeschweißten, veganen Chemiepseudowurst?
Was? Da
werden ja keine Tiere getötet? Wer glaubt, dass da wo Umwelt, Natur
und Menschen leiden, gefoltert und zerstört werden, keine Tiere
leiden und sterben, ist wirklich blauäugig.
Und
wenn wirklich auf all dass geachtet wird? Ist dann die kleine
Schäferei der Platz um mit seinem Kreuzzug zu beginnen?
Besonders
wo der bequeme Verbraucher nicht aufhören wird Fleisch zu essen,
aber sich vielleicht überlegen würde, besseres zu kaufen, hätte er
eine Bezugsquelle.
Denn er
wird mit dieser Kampanie gegen Lamm zu Ostern mit Sicherheit nicht
auf seinen Osterbraten verzichten. Und Schweinchen und Kälbchen
sind auch süß, frag mal nach deren Leben!
Wir
Schäfer decken gerade mal 44% des deutschen Lammfleischmarktes, ich
vermute, Ostern sogar noch weniger. Also trifft es uns nicht
finanziell, was regen wir uns dann so über diese
Osterlamm-Hassbotschaften auf?
Ganz
einfach, es kränkt und verletzt.
Alleine
die Vorstellung der liebevoll brummelnden Mama ihr kleines, leise zur
Antwort zirpendes Lämmchen weg zunehmen. Die Mutter, die nun ihrem
Lamm überall hin folgen würde. Das Lamm, das wir deshalb nicht an
uns gekuschelt tragen, da es nicht unseres ist, nicht unseren Geruch
annehmen soll, das wir an den Vorderbeinen tief über dem Boden
tragen, damit die Mutter es immer dicht vor der Nase hat, so ihrem
Lamm in die ruhige Einzelbucht folgen kann. Dieses Band der Liebe mit
Gewalt zu zerreißen, unvorstellbar entsetzlich!
Mein
Vater, gestandener Schäfermeister, bereits im Rentenalter und immer
noch aktiv für seine Herde, erzählt gerne diese Geschichte aus
seiner Lehrzeit:
Er war
noch am Anfang seiner Ausbildung, als eines Tages in der Lammzeit ein
großer Schlitten auf den Hof gefahren kam. Heraus stieg ein
geschniegelter Mann in Anzug.
Er sei
ein Gourmet!
Und
wolle gerne ein kleines Babylamm zum essen kaufen, Preis spiele keine
Rolle.
Der
alte Schäfermeister Stritzel dachte nicht etwa, hier kann er ein
mutterloses Lamm, dessen Aufzucht mehr Geld kostet, als es jemals
wieder rein bringt, vergolden.
Nein.
Meister
Stritzel griff seine Schäferschippe und jagte das Arschloch
lautstark von seinem Hof.
So sind
wir Schäfer!
Froh, sonnige Ostern wünsche ich allen!