Donnerstag, 4. Juli 2019

Schäferkarre im Juni 2019


Schäferkarre, nicht zu verwechseln mit Schäferkarren.
Die Top 10 warum Du einem Schäfer nicht die Karre, oder auch Auto, klauen solltest:

10. Es hat nur eine Reichweite von 30 Kilometer bevor es überhitzt, trocken läuft oder anderweitig den Geist aufgibt.

9. Nur der Schäfer weiß, wie man die Tür auf und wieder zu bekommt

8. Es ist schwer, schnell zu fliehen mit all den abgebrochenen Zaunpfahlzinken, leeren Blauspreydosen, Colaflaschen, Strohbändern, nassen Lieferscheinen und alten Spritzen die um einen rumfliegen

7. Es dauert ewig bis die Karre anspringt und wenn sie es dann tut, kommen die Abgase durch den verrosteten Boden und nehmen Dir die Sicht (der Urin der Schafe, die im Kofferraum transportiert wurden, fördert Rost)

6. Der Hütehund auf der Werkzeugkiste auf dem Beifahrersitz sieht gefährlich aus

5. Das Auto ist zu leicht zu finden für die Polizei. Die Beschreibung würde sich ungefähr so anhören: Die Fahrertür ist Grün, die Beifahrertür rot und an der Heckklappe ist der Abdruck von einem Treckerreifen

4. Der Rundballen auf der Ladefläche nimmt Dir die Sicht ob Du verfolgt wirst. Du könntest die Seitenspiegel nutzen, wenn der eine nicht zersplittert wäre und der andere mit Panzertape überklebt

3. Höchstgeschwindigkeit beträgt gerade einmal 80 km/h weil sich durch den angestauten Müll der fünfte Gang nicht mehr einlegen lässt

2. Wer will schon ein Auto, bei dem der TÜV abgelaufen ist, das mindestens einen Monat Wartungsarbeiten benötigt, 3000 Euro Karosseriearbeiten und eine neue Windschutzscheibe

1. Es ist schwer ein Verbrechen zu begehen, wenn Dich auf der Flucht jeder grüßt

Naja, aber immerhin steckt der Schlüssel.


Inspiriert durch diesen Witz dachte ich, schreib mal einen Bericht über Schäferautos.
Gleich vorne weg, ich habe seit 25 Jahren den Führerschein und fahre mindestens genauso lange Autos in der Schäferei. Somit sind es Geschichten aus einem sehr langen Zeitraum.


 Die Bilder haben mit den Autos in der Geschichte nur soviel gemein, als das sie in der Schäferei fahren.


Noch nie ist irgend ein Betrieb auf die Idee gekommen, zu sagen, das Auto kannst Du nicht nutzen, das ist nicht verkehrstüchtig. Nein, Schafe wollen versorgt werden!


Besonders die Beleuchtung sowohl bei Auto, als auch Hänger hält dem Schäfereialltag schlecht stand. Gerade Blinker. Die funktionieren doch wirklich selten. Was heißt, beim abbremsen zum links abbiegen, besonders in Feldwege, immer erst die Autos hinter einem vorbei lassen, denn die wissen nichts von Deinem Vorhaben.


Spannend ist auch, wenn Du mit dem Auto links blinkst, der Hänger dann aber rechts anzeigt. Hier heißt es, Konzentriert bleiben und überlegen, wem man nun was anzeigen will.

 
Wenn nun gar kein Licht funktioniert, versucht man natürlich die Fahrten auf das Tageslicht zu Beschränken. Dumm nur, wenn man im Winter um halb drei Nachmittags in den Feierabendverkehr
gerät und es dann nicht ganz schafft. Und doch mutig im Zwielicht seinen Weg nach Hause fortsetzt, begleitet von Lichthupen und tatsächlichen Hupen.


Ärgerlich auch, wenn man im Stockdunkeln unterwegs ist und das Licht auf der Landstraße von einer auf die andere Sekunde ausfällt. Da hilft nur mit Warnblinker und Hoffen weiterzufahren.


Die Autobahnfahrt mit Hänger bei der plötzlich unter den Armaturen Rauch aufstieg, werde ich auch nicht vergessen. Das Auto am brennen! Doch als ich rechts ran fuhr, es ausstellte, hörte das Schmurgeln auf. Licht abgeklemmt, immerhin war es Tag, weiter ging es.

 
Auch schön, wenn der Gang für die schnelle oder langsame Übersetzung ab und an rausspringt. Nun soll man natürlich auf keinen Fall während der Fahrt mit Gewalt wieder Einkuppeln. Nein, dass Auto muss ausrollen und erst im Stand wird geschaltet. Wunderbar, wenn man so mit Schafen auf dem Hänger 200 Kilometer vor sich hat. Springt der Gang auf der Autobahn raus, kann man ja auf dem Standstreifen ausrollen. Ärgerlicher ist es, auf Abfahrten oder Zubringern. Aber auch diese Tour ist überstanden.

 
Reifen hingegen sind meist erstaunlich Robust, tragen den Schäferalltag verlässlich mit.
So kann ich mich nur an zwei Platten überhaupt erinnern.


Bei dem einen war ich zum Glück gerade in einem Feldweg, natürlich mit Hänger und weit, weit von Zuhause. Während ich noch am probieren war, die lange Stange durch das Loch einzuführen um das Ersatzrad vom Unterboden des Hilux los zu kurbeln, kam von hinten ein weiterer Geländewagen mit Hänger. Dem blockierte ich natürlich die Fahrbahn.
Aber wir sind auf dem Land, da wird nicht gehupt und gezetert, da wird mit Hand angelegt.
Nach dem wir den kaputten Reifen runter hatten, zeigte sich das ganze Ausmaß. Die Blattfeder war gebrochen, ausgeschert und hatte den Reifen aufgeschlitzt. Da blieb nichts anderes, als platt zu gehen.
Doch meine freundliche Hilfe hatte einen Vorschlaghammer auf seinem Hänger, mit dem schlug er die Feder zurück an ihren Platz. Und ich hatte Spanngurte dabei, so ließ sich das ganze fixieren.
Ersatzreifen aufgezogen, mich herzlich für die Hilfe bedankt und weiter ging es.


Die Nichtschäfer schütteln vermutlich ihren Kopf, die Schäfer hätten sicher noch jede Menge wesentlich bessere Geschichten auf Lager.


Und ich? Mich für einen Chef in eine Schäferkarre zu setzten, mich dem Abenteuer auszusetzen, macht mir Spaß, denn ich trage nicht die Verantwortung und es hat etwas vertrautes. Mit solchen Autos bin ich groß geworden.
In meiner Kindheit, da war der R4, mit dem sind wir bis nach Frankreich ans Meer gefahren. Ich schlafend auf der Rückbank, mein Bruder auf der Hutablage. Berge konnte man mit diesem Auto nur erklimmen, wenn einer vorne auf der Motorhaube saß.
Oder das Auto, dass immer am Hang geparkt wurde, damit es beim Anrollen ansprang.
Und am besten, die Ente, bei der jemand an der Kreuzung rauspringen musste und vorne kurbeln.
Meine ersten Autos waren nicht besser, der von mir sehr geliebte Toyota Tercel, der zum Ende Kaffee im Filter brauchte.
Danach der VW Passat, bei dem ich zu Anfang noch über die Beifahrertür rein kam, zum Ende nur noch durch den Kofferraum. Bei ihm musste ich mit dem Hammer auf den Anlasser schlagen, damit er ansprang.
Und der Nissan Micra, der im Stadtverkehr gerne heiß lief. Da half nur Innenheizung auf volle Pulle, damit die warme Luft aus dem Motorraum kam. Total egal, dass draußen auch über 30°C waren.
Erst heute, mit den langen Strecken die ich als Betriebshelfer zu fahren habe, ziehe ich ein etwas zuverlässigeres und dann leider auch teures Auto vor.


Fragt sich nun einer, was die Gesetzeshüter von solchen Eskapaden halten?
Also, das ist nur eine Vermutung, aber ich glaube, es geht ungefähr so:
Junger Kollege: „Guck mal, bei dem Auto ist der Auspuff mit Strohschnur festgebunden!“
Älterer Kollege: „Schau mal, wie hier die Wiesen blühen!“
JK: „Aber die Karre dort! Da ist ein Schaf auf dem Rücksitz!“
ÄK: „Die Wolken heute sind auch toll. Richtige Schäfchenwolken!“
JK: „Der hat nicht geblinkt! Er hat mit der Hand das Signal zum Abbiegen gewunken!“
ÄK: „Komm lass schon. Er ist abgebogen. Den Papierkram willst Du Dir nicht wirklich antun!“
JK: „Papierkram? Lassen wir.“

Nur eine Vermutung.
Aber angehalten wurde ich in all den Jahren nur zwei mal.
Das eine mal: „Also, meine Kollegin wollte es gar nicht glauben. Aber Ihr Hänger hat schon seit über einem Jahr keinen TÜV mehr. Wir mussten sie einfach anhalten. Hier, ich gebe ihnen einen Zettel, den senden sie in einer Woche mit dem neuen TÜV Beleg zurück. Was haben sie denn für tolle Hunde auf dem Rücksitz! Die hüten so richtig Schafe?“
Und das andere mal: „Sie wissen schon, dass an ihrem Hänger das Licht mit Band angetüddelt ist und auf den Reifen keinerlei Profil?“
„Ja.“
„Eigentlich dürften sie so nicht weiter fahren. Wo wollen sie denn hin?“
„Jardelund.“
„Jardelund? Wirklich?“
„Ja. Die Schafe stehen im Jardelunder Moor, warten darauf, dass ich sie hüte.“
„Jardelund! Unglaublich! Echt unglaublich. Wissen Sie woher ich komme?“
„Nein.“
„Aus Jardelund.“
„Echt?“
„Ja. Wissen Sie, hier, ein Zettel, die Fehler müssen sie schon beheben lassen. Aber fahren sie mal weiter. Mensch, nach Jardelund!“


Kommen wir noch zu etwas völlig anderem.
Etwas in eigener Sache.
Ohne Schafe.
Mein Buch wird veröffentlicht!!!
Ein Fantasy-Roman.
Nicht nur irgendeiner, denn dies ist mein absoluter Herzenswunsch.
Und der wurde von dem Verlag Weltenschreiber angenommen.
Weltenschreiber 
Vielen Dank Swetlana Neumann.
Sagt nun der ein oder andere, ach, ich hätte ja gerne die Schafgeschichten in Buchform. Da kann ich nur sagen, mein blog läuft nicht davon. Und ja, ich habe nicht ganz so viel Energie in die Verlagssuche dafür gesteckt, ich gebe es zu.
Mir bedeuten die Schäfereiberichte sehr viel!
Aber sie gehen doch immer nur um mich, um mein Leben.
Eine Fantasy Geschichte schreiben zu dürfen, ist das genau Gegenteil.
Ich tauche ein in eine fremde Welt, erlebe fremde Dinge, spüre mit fremden und doch so vertrauten Menschen mit. Das schreiben fühlt sich immer etwas so an, als dürfe ich an einem lebendigen Geschehen teilhaben, als wäre es gar nicht meine Kreation. Gerade die Protagonisten machen das all zu oft sehr deutlich, in dem sie mich, freundlich gesagt, gerne überraschen. Oder auch die Wände hinauftreiben, mit ihrem Starrsinn!
Wer von Euch also nicht nur Schäfereiberichte spannend findet, sondern sich auch für meine Art zu schreiben begeistert, darf sich freuen und aufgeregt sein!
Ich bin es auf jeden Fall!
Vielen herzlichen Dank!
Liebe Grüße
Anna


2 Kommentare:

  1. Hallo Anna
    herlicher Bericht über die Schäferautos,kennt man irgendwie alles.Habe ebenfalls vor 2 Tagen einen nur noch von Packband gehaltenen
    Außenspiegel ersetzen lassen.Und dabei noch ein Rücklichtglas getauscht.Meine Schmerzgrenze ist dann doch irgendwann erreicht und ich handle im Sinne der Vernunft.Hatte auch schon den Diametralblinkeffekt an Anhänger.Zum Glück sagte mir ein Autofahrer bescheid.Bei solchen gravierenden Problemen schneide ich zu Hause sofort den etwas lädierten Stecker ab,dann findet man zwangsläufig schnell die Muße sich zu kümmern und den Fehler nicht zu wiederholen-eine kosmische Watschen muß reichen :-)) und Ersatzteile gibts unkompliziert im Dorf.

    Hoch lebe mein Garagenschrauber der auch neulich den Riss in der Schiebetür wieder zugebrutzelt hat.
    Abends nach einem irrsinig langen Tag nur auf hampelnde Hunde und neugierige Schafe geachtet und beim langsamen Einbiegen in den Deichweg den Schrankenpfosten touchiert,das Ergebnis war ein 25 cm langer Riss(nicht Kratzer!) im Blech.
    Ein 20 Jahre alter Syncro nimmt nicht mehr so viel übel,sah trotzdem
    wüst aus.Nach der Reparatur mit der Sprüdose ein wenig ähnlich-farbigen Lack aufgetragen-fertig!Irgendein `"Heizkörperlack" aus der letzten gekauften Werkstattauflösung :-))

    Freu mich immer über Deine lebensnahen Berichte auch wenn ich es nicht jedes Mal kommentiere.
    Es grüßt Kuhni

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hey Kuhni,
      vielen Dank :)
      Ohne ähnlich für seine Sache begeisterten Autoschrauber gehts kaum :D
      Reidel (Viehzeichenstift) auf Roststellen hilft auch ganz wunderbar.
      Liebe Grüße
      Anna

      Löschen