Jungschäfertreffen.
Ja, ich
gebe es zu, so richtig hab ich da nichts mehr verloren.
Aber
willkommen war ich trotzdem und auch nicht die einzige die nicht mehr
ganz so frisch in die Welt schaut.
Gastgeber
war die Schäferei Gerlach in Braunfels, die dies zum zweiten Mal
übernahm und mit einem unglaublichen, ehrenamtlichen Engagement
dafür sorgte, dass es ein rundum gelungener Abend wurde. Natürlich
auch Dank der vielen freiwilligen Helfer und großzügigen Spenden
von Firmen und Fachverbänden.
Um die
sechzig Leute waren gekommen und genossen leckeres Essen, Getränke
und Schäfergespräche.
Das
Motto war „Wir malen unsere Zukunft“ und so gab es einen
Impulsvortrag von Heinz-Gerhard Franz vom Landesbetrieb
Landwirtschaft Hessen zum Thema Hofübernahme. Das war wirklich sehr
interessant.
Geschlackelt
habe ich bei den Geldsummen die es zur Finanzierung benötigt.
Da
sollte das Konzept und die Planung doch sehr genau sein, bevor man
solch einen Schritt wagt.
Wobei
ich damit keinen jungen Schäfer entmutigen möchte, seinen Traum zu
verfolgen!
Für
mich fällt mir da nur wieder der bärtige Satz ein:
Ich bin
zu alt für diese Scheiße! (Bruce Willis at his best!)
Danach
erarbeitete Dr. Ilona Gebauer von der Region.Marketing GmbH in
Friedberg mit den Zuhörern die „Zukunftsfähige Schäferei 2017“.
Der
Abend verging wie im Flug mit netten neuen und alten Bekanntschaften
und all den spannenden und interessanten Schafthemen.
Wo wir
doch oft als einsame Streiter gegen Windmühlen kämpfen, ist so ein
Zusammentreffen einfach wichtig, fördert unser Selbstbewusstsein als
Schäfer.
Das
gleiche gilt natürlich für das Leistungshüten am nächsten Tag.
Acht
Hüter waren gemeldet, unzählige Zuschauer, viel Fachpublikum aber
auch einfach Interessierte waren zu gegen.
Dazu
ein Stand der für das leibliche Wohl sorgte und zwei Stände die all
das anboten was jedes Schäferherz höher schlagen lässt, sei es
Ohrmarkenzange, Flaschensauger, Klauenmesser oder Anstecker, Hut und
Schwarzhemd.
Leider
sagte am Abend vorher der eine Richter unerwartet ab, so musste die
Veranstalterin spontan einspringen und hatte nun zu der ganzen
Organisation zu richten. Danke dafür und auch alles andere.
Aus der
großen Merinoherde waren 250 gleichmäßige Schafe aussortiert
worden, dazu ein paar Ziegen, bewusst all die Leittiere wählend und
die Lumpen eben nicht.
Die
Herde dieses Traditionsbetriebes wird jeden Tag, Sommer wie Winter
mit optisch sehr unterschiedlichen Altdeutschen Hütehunden gehütet.
Also beste Voraussetzungen für das Leistungshüten mit lauter
fremden Hunden.
Einziger
Nachteil, es ist keine Herde mit der Preishüten geübt wird, was
heißt, sie werden praktisch gehandhabt. Beim Ausfahren wird der Zaun
geöffnet, gerufen und dann losgezogen. Da brauchts keine enge
Öffnung, keinen Hund am Eck.
Dazu
ist es ein Schäferinnenbetrieb, eine Mädchenherde. ;)
So
hatten es die Hüter dann auch nicht einfach.
Öffneten
sie die zwei Felder, stellten den Hund ans Eck und riefen, kam kein
Schaf aus dem Pferch.
Es
blieb nichts anderes übrig, als den Hund weiter rein laufen zu
lassen und ihn erst mit der anziehenden Herde (die Tiere bewegen sich
zum verlassen des Pferches) an die Ecke zu positionieren.
Das war
nicht leicht, besonders, da die Schafe wirklich nicht wollten.
So
musste der Hund deutlich machen, dass sie zu Laufen hatten. Dieser
Druck durfte aber nur sehr vorsichtig durch laufen und der
Hundeposition erfolgen.
Wendete
der Hund nun Gewalt in Form von Greifen oder Bellen an, kamen die
Schafe natürlich sofort, das war ja eine klare und deutliche Ansage.
Gleichzeitig
versaute man sich damit aber das weitere Hüten.
Schafe
sind Gewohnheitstiere, sie mögen ein überschaubares, sicheres,
behütetes Leben.
Jede
Unregelmäßigkeit darin finden sie scheiße und reagieren dann mit
Verweigerung. Was heißt, sie laufen zusammen, bleiben dicht
beieinander stehen und verweigern das Fressen.
So ist
ein Leistungshüten eh schon schwierig für sie. Ist dann ein fremder
Hund zu drastisch, sind sie ab dem Moment auf totalem Habacht,
besonders auch vor dem doofen Hund und verweigern noch mehr.
Ich
selbst erinnere mich, dass ich Monate gebraucht habe, um genau diese
Herde dazu zu bringen mir freiwillig zu folgen. Davon hatte ich schon
mal berichtet, um so berührender ist dann, dass die Schafe ihr
einmal gefasstes Vertrauen auch über längere Abwesenheit
meinerseits halten.
Nun
kann man sich natürlich Fragen, weshalb zwingt man Tiere zu etwas,
was sie nicht wollen. Wozu ein Leistungshüten? Befriedigt das nicht
nur uns Menschen auf Kosten der Tiere?
Ein
Leistungshüten ist weit mehr, als ein sportlicher Wettkampf unter
Schäfern.
Natürlich
geht es auch darum sein Können zu messen und auch das ist wichtig,
schafft es doch ein Augenmerk darauf, was alles möglich ist mit Hund
und Schaf.
Jedes
verletzende Verhalten von Hüter oder Hund wird mit sofortigem
Unterbrechen geahndet, etwas, was ich aber noch nie gesehen habe.
Aber
auch jedes gröbere Herangehen des Hundes oder genervtes, aggressives
Auftreten des Schäfers wirkt sich auf das Hüten und die Leistung
aus. Eben nicht nur durch Punktabzug, sondern durch unkooperative
Schafe.
Leistungshüten
sind der Anlass, bei dem sich Schäfer zum Austausch treffen, eine
Kultur am leben erhalten, die älter ist als alt.
Eine
weitere Frage die häufiger gestellt wird: Ist es überhaupt
zulässig, Tiere zu etwas zu zwingen, zu dem sie keine Lust haben?
Immer
öfter begegnet einem die Ansicht: Nein. Ein Tier muss ohne Zwang
leben können, alles andere ist nicht Artgerecht.
Was
beim Schaf hieße, Klauenschneiden, Entwurmen, überhaupt jede
Krankheitsbehandlung sei Quälerei.
Die
zwei Minuten im Jahr in denen das Tier geschoren wird, sei nicht
zumutbar.
Und da
das so sei, Schafe aber nicht ohne Schur leben können, da Wolle nun
mal von Menschen so gezüchtet wurde, dass sie geschnitten werden
muss, dürfte es keine Schafe mehr geben.
Klingt
verrückt, aber die Tierrechtsorganisation die das fordert, tötet
auch Hunde, um sie vom Joch der Menschen zu befreien.
Wer nun
den Kopf schüttelt und sagt, ach, das sind doch nur ein paar
Spinner, der verpasst unter was für einem Druck wir Tierhalter schon
stehen.
Da gibt
es Anzeigen, weil Schafe in ihrem natürlichen Umfeld der Witterung
ausgesetzt sind.
Oder
weil sie nur zur Tränke gehütet werden und nicht permanent rund um
die Uhr Wasser zur Verfügung haben
Und ich
frage mich, was das ist, was Menschen dazu bringt, mit Tieren
mitzufühlen, genauer sich vorzustellen, dass wenn sie ein Schaf
wären, sie doch darunter Leiden würden. Denn es ist ja kein
wirkliches Mitfühlen, da es dem Tier in keinster weise schlecht
geht.
Und
warum geht es immer nur um Tiere, interessiert es irgendjemand, ob
Menschen vielleicht zu lange Arbeitstage haben, ihnen Dinge zugemutet
werden, die sie nicht mögen?
Aber
nein, der Mensch, der ist ja der böse, das schlimmste Raubtier
unseres Planeten. Mit ihm braucht es kein Mitleid, da wäre doch eine
gewisse Reduktion sinnvoll.
Dann
hätte die Natur die Chance zurückzukehren.
Der
Mensch hat in der Natur nichts verloren, bedroht das natürliche
Gleichgewicht.
Um da
mal einen Zahn zu ziehen: Natürliches Gleichgewicht im Sinne von
harmonischem Zusammenleben der Mitgeschöpfe gibt es nicht!
Es ist
immer ein fressen und gefressen werden.
Geht es
der einen Spezies gut, vermehrt sie sich so stark, bis es zur
Überpopulation kommt und erscheint nicht ein Lebensraumkonkurrent,
der besser ist, diesen auszufüllen, kommt Krankheit oder die
Ressourcen brauchen sich auf.
Die
einzige Spezies unseres Planeten die tatsächlich in der Lage wäre
ein natürliches Gleichgewicht im Sinne vom harmonischem
Zusammenleben der Mitgeschöpfe herzustellen sind wir Menschen.
Damit
der Mensch etwas schützt, was nicht sein eigen ist, muss es ihm vor
allem erstmal so gut gehen, dass er über den eigenen Tellerrand des
Überlebens hinaus schauen kann. Und er schützt nur was er liebt und
liebt nur was er kennt.
Zu
glauben wir könnten den Planeten aufteilen in Menschenhochburgen und
Natur ohne menschlichen Kontakt führt zu einer Entfremdung, einer
Verarmung, die am Ende doch nur wieder zu Naturzerstörung führt.
Menschen
die im Einklang mit Tier und Natur leben, und bei denen es nicht
jeden Tag um die eigene Existenz geht, dass sind Menschen die unseren
Planeten erhalten.
Wir
Schäfer sind solche Menschen.
Wir
pflegen und erhalten die Landschaft, schaffen Oasen der Erholung,
auch für Städter.
Nicht
nur, weil es ein vergnügen der Sinne ist über Schafweiden zu
wandern.
Ich
erlebe es immer wieder, dieses breite Strahlen auf den Gesichtern der
Vorbeikommenden, wenn ich mit der Herde wandere. Dieses Daumen hoch
und: „Toll das es sie noch gibt!“, „Weiter so!“, „Was für
ein schöner Anblick!“.
Unsere
Schafe sind jeder Witterung ausgesetzt und ja, manchmal ist das
Wetter so hart, dass es den Tieren unangenehm ist. Aber das gehört
zum Leben dazu, wer nicht die Kälte gespürt hat, weiß die Sonne
nicht zu schätzen und wer nicht unter der brennenden Sonne gelitten
hat, freut sich nicht auf die Kühle der Nacht.
Da
unterscheiden wir uns kein bisschen vom Schaf!
Wir
Schäfer wissen was wir unseren Tieren zumuten können und was nicht,
wann schnelles Handeln gefragt ist.
Ja, wir
entscheiden auch über Leben und Tod, essen unsere gehegten und
geliebten Tiere.
Es
gehört zur Natur dazu!
Nur wer
in der Stadt lebt, seine Nahrung im Supermarkt kauft, kann wirklich
glauben, dass der alleinige Verzicht auf tierische Produkte schaden
von der Natur fern hält und Leben erhält.
Wer
glaubt, dieses Thema wäre ein Randgruppenthema, der sollte sich mal
mit Tierhaltern unterhalten. Natürlich berichte ich lieber über die
Begeisterten, aber leider kann nicht nur ich, sondern auch jeder
andere von Anfeindungen, Verdächtigungen und Anzeigen berichteten.
Nun bin
ich ganz schön abgeschweift.
Kann
passieren ;)
Um den
Bogen zurück zum Hüten zu schlagen.
Auch
dort, wo so viele Schäfer zusammentreffen, bleibt das leidige Thema
der Gängelung nicht aus.
Ich
unterhalte mich gerne mit Freunden und Bekannten, aber genauso gerne
lausche ich Geschichten von Fremden. Ein Gespräch zweier Schäfer
ist mir besonders im Gedächtnis hängen geblieben. Der eine erzählt,
dass er ein Schaf draußen auf der Weide hatte, welches ein Bein
gebrochen hatte. Ein engagierter Retter hatte sofort den Amtstierarzt
verständigt, der vor Ort kam, als er das Schaf nach Hause
transportieren wollte. Der Amtstierarzt empfand diesen Transport als
Quälerei und verlangte das sofortige einschläfern des Tieres. Dem
widersprach der Schäfer vehement. Das Bein sei behandelbar und
außerdem ist das Schaf tragend. Der Amtstierarzt war aber nicht von
seiner Meinung abzubringen. Schäfer bleibt Schäfer, so ignorierte
er das Gezeter, lud das Schaf ein, fuhr es Heim, schiente das Bein
und das Schaf konnte seine Lämmer aufziehen.
120,-
Euro Strafe, wegen tierquälerischem Transport.
Daraufhin
erzählte der andere Schäfer, dass er einen alten Hund gehabt hatte,
der einen großen, nach außen wachsenden, inoperablen Tumor hatte.
Noch war der Hund aktiv, so weit, dass er Lust hatte, mit zum Hüten
zu kommen.
Hütehunde,
die Jahrelang ihren Dienst an der Herde verrichtet haben, kann man
schlecht in die Rente zwingen. Sie freuen sich wie Bolle, ihren
Kräften entsprechend, mit raus zu den Schafen zu dürfen. Nicht,
dass sie da noch irgendeinen Sinn erbringen, aber sie doddeln halt
mit, schnüffeln hier und da und machen mal den dreisten Junghund zur
Sau.
So auch
dieser alte Hund.
Natürlich
musste irgendwer das Anzeigen und der Amtstierarzt erschien, stufte
das Leben des Hundes als qualvoll ein und verlangte die Tötung. Der
Schäfer hatte noch versucht, das zu umgehen, in dem er den Hund
versteckte und behauptete, er wäre schon tot. So kam der Tierarzt
auf der Suche nach dem Hund...
Und da
sind wir bei den Amtstierärzten, die absolute und willkürliche
Macht haben.
Gleich
vorne weg, es gibt sie, die Guten!
Amtstierärzte
die sich tatsächliche praktische Fachkompetenz angeeignet haben, zu
denen man als Tierhalter mit seinen Sorgen kommen kann, die einen mit
ihrem Wissen unterstützen und die auf Grund ihres Fachwissens auch
kein Problem damit haben, sich aufrecht gegen ahnungslose
Anzeigewütige zu stellen, diese sogar mit ihrem bestimmten Wissen
zur Ruhe bringen.
Leider,
leider gibt es eben auch viele andere. Eingestellt weil sie sehr gute
Zeugnisse haben, schnell durch Schule und Studium gekommen sind,
immer noch ein überaus nicht überzeugende Messlatte für
Qualifikation.
Fragt
mal einen Tierarzt wie viel er im Studium zum Schaf hatte.
Ha, ha.
So
brauche ich den meisten nicht Mal Böswilligkeit für ihre
Drangsalierungen gegen Schäfer vorwerfen. Sie knicken einfach
gegenüber den Tierretteranrufen ein. Und die gibt es in Massen. Doch
nur weil zehn Leute eine Sache lauthals beklagen, heißt es noch
nicht, dass sie falsch ist.
Ich
erinnere mich noch an eine Situation, ich stehe beim Hüten, es
regnet Bindfäden, mein Hut ist durchweicht, das Wasser läuft mir
schon die Backen hinunter. Der Regen trommelt auf meinen Umhang, die
Hunde haben unter diesem Schutz gesucht. Die Schafe stehen, den
Hintern zum Wind, gelassen wiederkäuend, das stärkste abwartend.
Da
klingelt mein Handy.
Wie das
jetzt aus der Tasche kramen?
Mit
klammen Fingern ziehe ich es aus der Jacke, schnell unter den Hut ans
Ohr.
Es ist
der Förster, er hätte heute schon sieben Anrufe bekommen, dass auf
der einen Fläche, die ich von ihm habe, Schafe im Regen stehen.
Zum
Glück ist der Förster ein verständiger Mensch und wir grummeln und
lachen gemeinsam.
Ja, das
ist, was ich mir von einem Amtstierarzt wünsche.
Sich
über die Ansprüche der Tierhaltung informieren und dann für diese
und deren Halter da sein.
Vielleicht
noch als kleiner Tipp, für Menschen, die Missstände bei einem Tier
entdecken. Der erste Ansprechpartner ist nicht der Amtstierarzt, es
ist der Tierhalter selbst.
Wer den
nicht gerade beschimpft, anschreit und mit Vorwürfen überhäuft,
sondern nett, freundlich und interessiert fragt, wird im allgemeinen
eine kompetente, erklärende Antwort erhalten. Es ist einfach so,
dass wir Schäfer uns von morgens bis abends, oder schon besser von
morgens bis morgens, nämlich rund um die Uhr, mit dem Wohl unserer
Tiere beschäftigen. Selbst die Gespräche unter uns Kollegen gehen
meist nur darum. So antworten wir auch gerne auf interessierte
Fragen.
Ist
eine Herde unbehütet und einem fällt etwas ins Auge, ist auch dann
sinnig, erst einmal den Schäfer ausfindig zu machen, der freut sich
über hinweise. Sind die Tiere die einem auffallen mit einer Farbe
extra markiert, kann man sich entspannt zurück lehnen, sie sind
bereits in Behandlung.
Ist ja
gut, ist ja gut.
Ich
kehre zu dem Leistungshüten zurück.
Es war
eine Freude den unterschiedlichen Hütern zuzusehen.
Merinoschafe
erwarten einfach eine gute faire Behandlung, sonst stellen sie das
Fressen und Nachlaufen ein.
Somit
muss man sie entschlossen und gleichzeitig mit Samthandschuhen
handeln, will man ein harmonisches Gehüt mit fressenden Schafen
präsentieren.
Als ich
den Hütern zusah, kam mir die Lust es doch auch mal wieder zu
probieren.
Nicht,
dass ich gedacht hätte, ich könnte etwas besser, Gott bewahre,
wirklich nicht.
Aber
die Aufgabe würde mich reizen, gar nicht so sehr das Zeigen des
Hundes, nein, mehr noch, die Schafe dazu zu bringen, in solch einer
Situation mit mir zu kooperieren.
Damit
ging der Tag auch schon zu Ende, der letzte Hüter pfercht ein.
Nun
sollen die Schafe zurück zur restlichen Herde gebracht werden, eine
Aufgabe für die ich mich gemeldet habe.
Ich
hole die beiden Hunde.
Mein
junger Altdeutscher Rüde, Lille, ist total überdreht und zappelig.
Er hatte bis auf wenige kurze Auszeiten den Tag am Auto verbracht und
das, wo er mich hat weggehen sehen, mit Hut und Schäferschippe.
Ich
ging hüten ohne ihn!!
Wie
konnte ich!
So habe
ich ihn an der Leine, versuche ihm Ruhe zu zuzischen.
Am
Pferch ist immer noch viel Publikum.
Und
obwohl ich nicht mal weiß ob irgendwer in meine Richtung guckt,
sackt mein Herz in die Kniekehle.
Ich
werde so dermaßen aufgeregt, dass mein Hirn kaum funktionieren will.
Oh, du
meine Güte!
Wie
gut, dass ich mich nicht für das Hüten gemeldet hatte!
Ich
verspreche mir sogleich, das auch niemals mehr zu tun.
Und
konzentriere mich aufs ruhige Atmen.
Tief
ein und aus.
Die
Pferchöffnung ist links, ich muss aber nach rechts weg. Also mach
ich da jetzt kein Kasperkram und öffne die ganze Zaunseite.
Die
Schafe reagieren auf mein Rufen mit gucken, nicht kommen.
So muss
ich Ylva, meine fünfjährige Strobelhündin, schicken.
Die
steht natürlich auch unter Strom und fegt los.
Hoffentlich
war sie hinten nicht zu hart!
Immerhin
lässt sie sich auf dem Rückweg stoppen und die Schafe ziehen an.
Lille
nerv nicht!
Keine
Chance das ich Dich jetzt los mache!
Wir
ziehen, um die nächste Kurve außer Sicht.
Geschafft,
erstmal durchatmen, den Herzschlag beruhigen.
Krass!
Mit so
einer Reaktion meinerseits hatte ich überhaupt nicht gerechnet.
Immerhin
muss ich doch so oft vor anderen mein Können zeigen.
Aber
egal jetzt, weiter geht es, Lille nerv nicht.
Neben
uns kommt eine Wiese, ich lasse Lille los, stelle ihn auf die Wiese.
So kann
er erstmal etwas Dampf ablaufen.
Nun die
Landstraße überqueren, kommt kein Auto, sehr gut.
Weiter
geht es am Getreide entlang. Das finden die Merinos schwer
verlockend.
Ich
schicke Lille.
Er fegt
los und stößt dabei laute Hiffel aus.
Wird er
jetzt am Weg laut?
Ein
lauter Weghund ist bei fremden Herden schwierig, versetzt er Schafe,
die nicht einschätzen können, was da kommt, in Panik. Also nichts
für Preishüten.
Im
Schäferalltag ist es eine super Sache.
Lauter
Weghund bedeutet, dass der Hund beim Schicken am Weg auf seiner Bahn
an den Schafen entlang nach hinten bellt, bei manchen auch eher
kreischt.
Dies
hat den Vorteil, dass jedes Schaf weiß, da kommt der Hund und Gas
gibt, der Herde aufzuschließen, die verbotene Frucht zu verlassen.
So muss der Hund nicht so hart arbeiten, nicht so oft rennen. Dies
natürlich nur, wenn er dann auch Konsequenzen folgen lässt. Ein
Hund der nur bellt, wird nach kürzester Zeit von den Schafen nicht
mehr beachtet. Und Schafe sind sehr gut darin, am Bellen zu hören,
welcher Hund da kommt.
Letzteres
Problem hat Lille nicht, er hat einen deutlichen Griff und auch die
Bereitschaft, gegen ein Schaf, dass nicht zur Seite springt, einfach
gegen zu rennen.
So muss
er, während wir am Getreide entlang ziehen, genau zwei Mal laufen
und die Nascher beschließen, das Risiko lieber sein zu lassen.
Nun
geht es über ein kleines Wiesenstück in den Wald, steil den Hang
hinunter auf einen schmalen Trampelpfad.
Die
Schafe folgen mir aufgereiht wie Murmeln.
Neben
uns ein kleiner Bach, über uns die großen Baumkronen.
Sonnenlicht
strahlt durch die Blätter.
Ich
wandere mit meinen Hunden vor der Herde.
Und da
ist er!
Der
perfekte Moment!
Es ist
so schön! Durchdringt mich, erfüllt mich!
Das ist
es!
Deswegen
bin ich Schäfer geworden.
Für
jetzt.
Die
Schafe, die Hunde und ich.
Wir
wandern durch den Wald.
Mehr
braucht es nicht!