Januar.
Was
soll ich Euch erzählen?
Was
gibt es zu berichten, wenn alles rund läuft?
Das
Wetter ist für Januar sicher zu warm, wechselt zwischen Regen,
diesiger Niesel und Sonne.
Nichts, wo ich drüber klagen könnte.
Die
Schafe grasen landwirtschaftliche Mähwiesen nach, gezäunt in
Elektronetzen.
Jeden
Tag gibt es ein neues Stück. Zäune bauen, die Gedanken fliegen
lassen.
Einzige
Herausforderung ist, die Größe richtig einzuteilen. Das Gras soll
kurz werden, aber nicht auf die Wurzel verbissen. Und natürlich darf
die Fläche nicht schwarz werden.
Da stehen die Wünsche und
Vorlieben des Landwirtes im Vordergrund. Der eine mag es nur leicht
abgegrast, der andere weiß, dass es etwas kürzer oder sogar
zertreten im Frühjahr noch einen intensiveren Wachstum vorlegt.
Nicht
immer einfach, die Menge richtig einzuschätzen. Besonders da noch so
viele andere Faktoren mit rein spielen. Ist es eine junge oder alte
Grasnarbe, kürzer oder länger, Tal- oder Hanglage, Frost, Regen,
Nass, Trocken und natürlich, wie sind die Schafe drauf? Bereits hungrig oder noch voll, sind die Sommerlämmer in Spiel- und
Rennstimmung. Zu groß darf ich die Fläche auch nicht zäunen, sonst
bekommen die Schafe das Laufen und je mehr sie sich bewegen,
besonders bei nassem Grund, je schneller ist alles eingesaut.
Ich
baue den Zaun immer für mindestens den nächsten Tag vor. Zumindest,
wenn der in Sichtweite der Schafe ist. Nichts macht eine Fläche
schneller schwarz, als eine Herde die Dich hungrig beim Zaun bauen
beobachtet, unruhig am Netz auf und ab rennt.
Auch
baue ich die Netze immer so, dass ich mich am nächsten Tag frei
entscheiden kann, ob ich die Herde rüber aufs frische lasse und den
alten Zaun abbaue, oder nur die Trennung raus nehme, das gezäunte
Stück damit vergrößere. Zu oft kommt meine geplante Einschätzung
dann doch nicht hin, sie müssen runter von dem Stück oder
umgekehrt, sie können es doch noch etwas mehr kürzen.
Es ist
Lammzeit. Und doch ist es entspannt. Mehr als drei oder vier Lämmer
gibt es nicht am Tag. Alle Einzellämmer bleiben mit ihren Müttern
draußen, nur Zwillinge kommen in den Stall.
Doch es
gibt fast keine Zwillinge, und die Male sind es total brave Mütter
die ihren Lämmern selbstverständlich auf den Hänger folgen. Also
perfekt, besonders auch weil die einzelnen alles pralle, runde, fitte
Lämmer sind.
Was
will man auch bei den momentanen Lämmerpreisen mit Zwillingen? Der
extra Aufwand und die Fütterung kommen doch nicht wieder rein.
Schafe
lammen am liebsten draußen und vor allem ungestört und in Ruhe.
Dies ist dann natürlich vor allem Nachts. Wie oft bin ich schon in
der Lammzeit Nachts noch raus gefahren und dann Morgens mit dem
ersten Licht wieder.
Nicht
so in der Eifel.
Die
Herde wird prinzipiell vor Mittags nicht bewegt und auch kein Zaun in
Sichtweite gebaut.
Und
tatsächlich, die Schafe vertrauen auf diese Ruhezeit und lammen
morgens.
So
fahre ich früh nach ihnen schauen. Nur um sicher zu gehen,
dass nicht doch irgendetwas über Nacht war.
Selbst die Hunde lasse
ich zu Hause, keinerlei Signal für Aufbruch.
Und sie
erwarten es auch nicht, ich kann durch die zum Teil schlafenden
Schafe wandern.
Erst
wenn ich mittags wieder komme, gibt es neues Futter, und ich
kontrolliere die frischen Lämmer, bringe auf den Hänger was Heim
muss.
Schön
ist, wenn ich jetzt eine Fläche nahe bei habe, die nicht gezäunt
werden kann, weil es eine zu neue Einsaat ist, oder einfach zu klein.
Da kommen ich und die Hunde für ein zwei Stunden zum Hüten. Auch
den Lämmern kommt dies zu gute, sind sie doch noch an keinerlei
Regeln gewöhnt.
Lämmer
von drei Wochen bis neugeboren, die noch nichts von der Welt wissen.
Nicht, dass man auf einem Weg bleibt, auf unbekanntem Untergrund wie
Asphalt laufen kann, nicht, dass man der Herde folgt, nicht, was ein
Hund ist.
Dafür
sind die älteren schon so weit, dass sie gerne als freche Horde wild
durch die Gegend rasen, am liebsten in die andere Richtung, als die
in die wir doch eigentlich gerade wollten.
Die
frischgebackenen Mütter wiederum rennen nervös ihrem Nachwuchs
nach.
So sind
wir möglichst ein paar mehr zum Umtreiben.
Einer
geht vorne, drosselt das Tempo, damit auch nichts hinten verloren
geht.
Zwei
hinten zum rennen und scheuchen.
Und bei
längeren Strecken auch noch jemand mit Auto, damit man Lämmer die
wirklich noch nicht laufen, laden kann. Was aber dann bedeutet, dass
die Mutter dazu nur noch hysterischer sucht.
Ich
gehe mit meinen Hunden hinten. Ylva hatte als junger Hund ihre
Anfänge hinter der Herde mit kleinen Lämmern gemacht und sie ist
immer noch richtig gut darin. Sie pendelt hinter mir, ohne dass ich
etwas sagen muss, bringt alles mit.
Für
Lille ist das alles Neuland und schwer zu ertragen. Er klebt
aufgeregt an mir, will etwas tun, aber jedes Schicken würde dazu führen, dass er zu doll rumpelt. In ein Pendeln hinter mir
kann er sich nicht entspannen.
Und
doch ist es gut ihn da hinten zu haben. Denn es geht nicht nur darum,
die Lämmer zum Folgen zu scheuchen, sondern auch eben die
Mutterschafe am Umdrehen zu hindern.
So ein
Mutterschaf, das sein Lamm vermisst, kann auch mal auf die Idee
kommen, dass sie es vielleicht auf der alten Fläche vergessen hat
und versuchen zurück zu rennen.
Doch
dumm sind sie nicht, ein Hund wie Lille hinter der Herde und sie
versuchen solche Mätzchen noch nicht einmal.
Und
dann kommt die Herde ins offene Feld und Lille kann sein Können
unter Beweis stellen.
Die
Lämmer und auch Schafe quellen in Nachbars Getreide. Oder besser,
würden es gerne, dazu Naschen und wilde Rennspiele.
Doch da
ist Lille.
Der
Lärmpegel ist beim Ziehen Ohrenbetäubend. Mütter und Lämmer
halten Kontakt über Stimme, somit ist alles am Mähen und Rufen.
Der
Hund hört mich auf drei Meter Entfernung schon nicht mehr. Nun heiß
es, sich darauf verlassen, dass er weiß um was es geht.
Und
Lillebror hat es raus. Er pendelt zur verbotenen Frucht, immer am
Druckpunkt, hart zu den Muttern, sanft und vorsichtig mit den
Lämmern.
Das ist
etwas, was ich riesig an ihm schätze, dass er sich für Lämmer
zurück nimmt, vorsichtig mit ihnen ist, ohne sie ganz zu ignorieren.
Und
wenn doch mal ein Lamm verloren geht, den Anschluss an die Herde
verliert, kopflos flieht, ohne jede Orientierung?
Keine
Chance, dass ich schnell genug wäre, so ein Lamm zu erwischen.
Dann
gebe ich Lille das Kommando es zu holen, er rennt, drückt es auf den
Boden und hält, bis ich da bin, es auf nehmen kann.
Klingen
diese Umtriebe nach Chaos?
Mit nichten, es ist ein aufregender Spaß.
Für
mich immer ein Highlight und was für ein gutes Gefühl, wenn alles
wie am Schnürchen gelaufen ist, die Herde wohlbehalten im frischen
Futter stehen.
Die
Arbeitstage verlaufen glatt, rund und wie im Flug.
Es ist
erstaunlich wenig Arbeit, zwischen sieben und acht Stunden täglich.
Und ich
bin verwundert über mich selbst. So fit und voller Energie war ich
schon lange nicht mehr.
Nicht
ein Mal zähle ich Tage, wie lange ich noch muss.
Es könnte einfach immer so weiter gehen!
Es könnte einfach immer so weiter gehen!
Und
auch als mein Einsatz zu ende ist, kommt dieses -ich muss mich jetzt
aber dringend erholen- Gefühl nicht.
So geht
es also Menschen, die „ganz reguläre“ Arbeitszeiten haben?
Hat
was.
Lach