Zurück
in der Eifel.
Zusammen
mit der ersten Hitzewelle für dieses Jahr.
Zur
Erinnerung, ich wohne so weit im Norden, um der normalen Sommerhitze
des Südens zu entgehen.
Dabei
ist die Eifel ja noch gnädig.
Es
bleibt bei höchstens 34°C.
Im
Verhältnis.
Kein
Grund zu jammern.
Jaaaa.
Okay,
dann jammere ich nicht.
Über
das Wetter.
Die
Schwarzkopfherde darf endlich wieder gehütet werden!
Hüten!
Juhu!
Habe
tatsächlich seit Januar nicht mehr gehütet.
Die
Herde auch nicht.
Und
auch nicht die Hunde.
Da ist
Strom drin.
Dazu
hat sich die Herde zu einer kleinen Zwischenlammzeit entschieden.
Die
Muttern und ihre Kleinen bleiben in der Herde.
Wie war
das mit Ylva und über-kontrollierenden Müttern?
Dafür
hält sie sich wacker. Muss sie auch, denn ohne sie würde es nicht
gehen.
Der
Nachtpferch ist riesig, um die 15 Netze, so das die Schafe genügend
Schatten haben und Bewegungsfreiheit.
Wetter
bedingt stehe ich um absolut unschäferliche halb Sechs in der Früh
auf.
Schnell
die Betriebshunde bewegen, die paar Bracken im Stall versorgen und ab
geht’s zur Herde.
Die
Siedlung geht direkt an die Weide, so kann ich den Wasserhydranten in
der Straße aufbauen und die Wannen alle wieder auffüllen.
Der
Himmel fängt an zu glühen.
Arg! Da
denkt man doch, dies zu schreiben in der nächsten Hitzewelle macht
es einfacher. Immerhin ist das Gefühl absolut realistisch und
präsent.
Aber
von wegen. Mein Gehirn ist weich und matschig, mag nicht denken, nur
dämmern.
Und
erst recht nicht, sich vorstellen, da jetzt Schafe zu hüten.
Aber
hilft ja nichts.
Schafe
wollen bei jedem Wetter fressen.
Zeit
das die Herde läuft.
Guten
Morgen, Schafe.
Nervös
begucken sie mich aus dem Schatten.
Ich
rufe.
Sie
drehen in die andere Richtung.
Okay,
dann eben der Hund.
Ich
dirigiere Ylva im großem Bogen hinter die Herde, lasse sie
anschieben.
Die
Schafe stürmen los, versuchen erst nach links, dann nach rechts
auszubrechen. Doch da ist dann Lille. Der nach ein paar Mal die Hänge
rauf und runter schon schnauft wie eine sterbende Lokomotive.
Oh, Oh.
Keinerlei Training, hoffentlich fällt er mir nicht um!
Doch
endlich haben wir sie aus dem Pferch, durch den Wald, auf frischem
Futter.
Wunderschöne
Wildblumenhänge mit einer Sicht bis weit nach Luxemburg.
Ich
postiere die Hunde oben und unten in den Grenzen und lasse die Schafe
wie sie wollen. Auf meiner ihnen zugedachten Fläche. Nach etwas
Geschmolle und Hunde Beglotze fangen sie an zu fressen.
Die
ersten Tage bin ich über diesen täglichen Kampf ziemlich
frustriert.
Es
macht einfach keinen Spaß von Schafen als der Feind betrachtet zu
werden.
Keinen
Spaß?
Es
schlägt mir ziemlich aufs Gemüt!
So
stelle ich mir Arbeit im Büro mit unliebsamen Kollegen vor.
Doch
immerhin kann ich die Schafe jeden Tag etwas mehr von mir einnehmen.
Immer
die alte Taktik. Verlässliche Regeln aufstellen an denen sie nicht
vorbei kommen und mit frischem Futter belohnen.
Länger
als zwei Stunden fressen sie vormittags nicht, dann ist es ihnen zu
heiß, sie wollen Heim. Ich lasse sie gehen, laufe hinter her, achte
darauf, dass auch wirklich alle kleinen Lämmer mitkommen.
Die
Herde stürzt sich aufs Wasser, ich fülle Wannen nach.
Als das
letzte auch getrunken hat, geht es zurück in den Schatten.
Die
Hunde und ich dürfen zurück zur Schäferei.
Mittag.
Und
frei.
Frei
bis abends.
Was für
ein Luxus?
Ha, ha.
Ich
bekomme nicht einmal einen richtigen Mittagsschlaf hin, geschweige
denn, dass ich die Zeit für irgendetwas sinnvolles nutzen könnte.
Ich verbringe den Tag in leidendem Dämmerzustand. Wird es denn immer
nur noch heißer? Kann doch nicht wahr sein!
Ertrage
ich es gar nicht mehr, ein Schritt aus dem Haus erinnert mich, wie
„schön kühl“ es doch drinnen ist.
Es wird
fünf und halb sechs abends.
Und
doch immer nur heißer.
Aber
ich raffe mich auf, zurück zur Herde. Erstmal den Nachtpferch
erweitern, so dass sie Nachts noch etwas Frisches zu Fressen haben.
Die Herde im Schatten rührt sich nicht.
Doch
die zu hütende Hangseite fällt in Schatten.
Los
geht’s!
Die
Hunde und ich zwingen sie aufs Futter.
Kaum da
haben sie doch Hunger, verteilen sich weit, fressen.
Ich
genieße den weiten Blick, die Ruhe, das beruhigende rupfen der
Tiere.
Schäferromantik
pur.
Es
dämmert als wir wieder zum Wasser kommen. Der Durst ist nun schnell
gestillt, es drängt sie auf den Nachtisch im Pferch.
Ich
schließe den Zaun, installiere das Batteriegerät.
Im
schwarzen Wald neben mir fangen die Glühwürmchen ihren Tanz an.
Ich
stehe und schaue. Staune! Ein Anblick der mir tief ins Herz krabbelt.
Doch
bis ich Zuhause bin ist es elf und essen möchte ich auch noch etwas.
Ja, ein
gewisser Schlafmangel macht die Tage nicht leichter.
Und
dann ist meine Zeit in der Hitze um. Es geht direkt in den Westerwald
zu 17°C und Wind.
Aber
bevor ich dahin komme, ein kleiner Einschub zu derEifelschäferei.
Mir
wurde kürzlich vorgeworfen, dass man beim Lesen meiner Berichte so
viel spüren kann, über Schafe, über Hunde, über meine Zuneigung
zu ihnen.
Nur
nichts über Menschen.
Und ja,
ich schreibe nichts über Leute.
Dabei
würde es so viel Spaß machen.
Und ich
hätte Geschichten.
Nein,
meine Lippen bleiben verschlossen.
Und da
es mein Bericht ist, werde ich nun direkt mit dem letzten Satz
brechen.
Denn
wenn sich der ein oder andere fragt, weshalb ich, wo ich doch die
freie Wahl habe, so gerne in dem Eifelbetrieb arbeite, wo es doch
keine Urlaubsvertretung ist.
Dann
kann man schon vermuten:
Es sind
nicht die Schafe.
Es sind
die Menschen.
Ich
fühle mich rundum willkommen und geliebt.
Habe
beim Arbeiten selbständige Freiheit und finde doch immer ein offenes
Ohr.
Die
Dinge getan zu bekommen ist wichtiger, als die Zeit, die man dafür
braucht, oder den Stress den man sich dabei macht. Die Tage können
lang sein, aber wenn sie kurz sind, ist es auch okay.
Und
dann gibt es noch Konversationen wie diese:
„Dies
hier bei uns ist eine gute Stelle für einen Schäfer.“
„Auf
jeden Fall.“
„Und
warum solltest Du sie nicht genießen?“
„Hä,
äh, aber ich sehe doch immer zu, dass ich genug arbeite.“
„Aber
Du musst nicht, kannst auch mal ruhiger machen.“
„Äh.
Als ich letztens Hüfte hatte, habe ich den kranken Tag auch nicht
berechnet und halbe zusammen gelegt.“
„Anna,
es ist einfach in Ordnung, dass Du diese Stelle genießt. Auch Du
hast es mal genau so verdient.“
…
Es gibt
Dinge, da fallen mir dann keine Worte mehr ein.
Vielleicht
noch: Weinen?
Westerwald.
Das
vierte Jahr.
Die
Hunde freuen sich ein Loch in den Bauch mich zu sehen. Auch Hannah
mit ihren kleinen Welpen vertraut mir selbstverständlich mit ihrer
herzallerliebsten Brut.
Auch
die Herde scheint etwas zu erinnern. Oder vielleicht bin ich auch
einfach nur sicherer geworden, unwillige Schafe zu lenken.
Ich
kann die Erringungen an meine Ängste und Ringen überall auf der
Weide wieder treffen. Und mich darüber amüsieren. Es gibt keinen
Moment mehr, bei dem ich nicht das Gefühl habe, alles im Griff zu
haben. Sie laufen brav die Schlucht zum Wasser runter.
Brav in den
Pferch, brav durch das Fußbad.
Natürlich tragen meine beiden nun
sicher zu dirigierende Hunde alles dazu bei.
So gibt
es kaum etwas zu erzählen, ich genieße Wetter, Hüten, Schafe und
Welpen.
Nur am
letzten Morgen. Ich bin extra früh dran mit Stall, möchte ich doch
auf einen Morgentee bei Nachbarsschäfern vorbei. Ich lasse meine
Hunde ins Auto, schmeiße die Schiebetür zu. Schon da fällt es mir
auf, aber zu spät. Tür zu, Griff kaputt, Hunde drinnen.
Toll!
Und
nun?
Ich
kann noch nicht mal die Herde aus dem Pferch lassen. Keine Hunde.
Besuch
absagen. Mehr telefonieren. Zum Glück kennt auch hier jeder jeden.
Und als
bald stehen ich vor der nächsten Autowerkstatt, warte, dass jemand
öffnet.
Und
ganz selbstverständlich bekomme ich geholfen. Der Griff wird raus
gebrochen und der Bautenzug geangelt.
Damit
lässt sich die Tür wieder bedienen.
Vielen
Dank! Letzter Tag, wir kommen.
Damit
ist mein Einsatz für diesen Monat noch nicht erledigt.
Ein
Einsatz in Schleswig-Holstein auf meinem Ursprungsbetrieb erwartet
mich.
Vier
Jahre war ich nicht mehr hier.
Hochmoor!
Wie habe ich es vermisst!
Und das
Wetter erst!
Es ist
trocken. Viel zu trocken.
Aber
der Himmel bleibt bewölkt und angenehme 20°C umschmeicheln mich.
Und die
Erinnerungen hier!!!!
Leute,
was für Erinnerungen!
In
diesem Moor habe ich mein Hüten begonnen!
25
Jahre ist das nun her!
Einfach
Wow!
25
Jahre!