Mai!
Mein
absoluter Lieblingsmonat!
Alles
wächst und sprießt.
Grünt
und blüht.
So
langsam schütteln wir uns alle den Winter und die Lammzeit aus den
Knochen.
Die
Sonne ist herrlich warm, noch nicht zu heiß und auch die Trockenheit
macht zwar etwas Furcht, aber ist noch nicht zerstörerisch.
Die
kleinen Lämmer toben wild und zügellos über die hellgrünen
Wiesen.
Total
unerzogen und respektlos vor dem Hund, um dann nach der Abmahnung
kopflos zu fliehen.
So
mancher über den langen Winter fett gewordener Hütehund kommt nun
an all seine Grenzen.
Nicht
so meine, denn es ist immer noch kein Hüten.
Leider.
Auch,
wenn ich eigentlich zu den Menschen gehöre, die sagen:
Unhütbare
Flächen?
Die
gibt es nicht!
Hier in
der Eifel muss ich es einsehen.
Die
Schafe sind über Winter viel genetzt worden und ähnlich wild wie
ihre Lämmer. Dazu haben sie mich und meine Hunde in den letzten
Monaten vergessen.
Um dies
wieder zu beleben bräuchte es eine Fläche die übersichtlich, groß
und mit klaren Grenzen ist. Da könnten sich die Hunde einpendeln,
die Schafe würden sich beruhigen, feststellen, dass weder Hunde noch
Schäferin ihnen etwas böses wollen. Sie würden anfangen in meiner
Nähe zu fressen, sich der Grenze mit den Hunden nähern und alles
würde entspannen.
Aber
solche Flächen hat es zur Zeit nicht.
Es sind
verbuschte Steilhänge, die zum größten Teil bewaldet sind. In den
lichten Frühlingswäldern blühen wunderschön die Orchideen. Und
auch, wenn die dort blühen, da die Flächen beweidet werden, gäbe
es riesen Alarm, sollte da jetzt ein Schaf dran knabbern oder drüber
laufen.
Unübersichtliches
Gelände und dazu feurige Schafe machen das Hüten nicht möglich.
Also
werden elektrische Zäune gebaut.
Denkt
irgendjemand, ist doch gut, Netze auf gestellt, Schafe rein,
Feierabend?
Ha, ha.
Die zu
beweidenden Stücke sind winzig, die Hänge extrem Steil, der Boden
felsig, zum Teil gibt es steinerne Terrassen, Bäume, Hecken, Büsche,
Stacheldrahreste.
Ich
verbringe die gleiche Zeit, die ich sonst auf meinem Stock lehne und
die Hunde dirigiere damit, mit Zäunen auf Hänge zu klettern.
Wobei
mir auch das Freude macht.
Meine
Hunde spielen um mich herum, ich bin draußen im Grünen, habe den
Blick weit in die Täler und bewundere die bunten Blumen und kleines
Getier.
Da ein
Bächlein das über Felsen springen und über das natürlich auch der
Zaun rüber muss.
Und
einmal ein Rehkitz. Da lasse ich den Zaun offen. Die Mutter holt es
ab, wenn Hunde und ich fort sind.
Meine
Gedanken haben Zeit zu fliegen, sich mit Geschichten zu beschäftigen,
darauf konzentriere ich mich. Denn nichts vergrämt mir die Arbeit
mehr, als darüber nach zu denken. Darüber, wie viele Netze ich den
Hang hier noch hoch schleppen muss, wie ich da hinten über die Mauer
oder durch die Dornen komme und am aller schlimmsten, dass ich das
alles schon morgen wieder abbauen muss.
Nein,
da bekomme ich schlechte Laune!
Immer
ein Schritt nach dem anderen, dann ist es schön!
Und
zwischen durch wird die Herde ja auch bewegt, darf der Hund was tun.
Auch
lasse ich die Herde nicht einfach aus dem Zaun. Nein. Alles geht nur
über mich. Ich öffne, stehe auf dem frischen Futter und rufe. Die
Herde beäugt mich mißtrauisch, überlegt umzudrehen. Doch da ist
der Hund. Eine Mischung aus Geduld, Zwang und sie nicht ausweichen
lassen. Irgendwann kommen sie.
Der Zaun zum frischen Futter ist weg, Lillebror ist oben rechts hinter dem Zaun, Ylva ist hinter der Herde platziert und ich rufe. Doch sie wollen nicht, finden sie mich doch sooo gruselig. |
Hier das gleiche Spiel. Nur, dass Lillebror von hinten schiebt und jedes Bestreben runter ins Tal zu fliehen unterbindet. Ich rufe im frischen Futter!!! |
Geht doch! |
Und, ich weiß es ja noch aus dem
Herbst, früher oder später kommt das Vertrauen zu mir.
Alle
Schafe werden geschoren und mit den Lämmern entwurmt.
Schafschur |
Alles
Arbeiten aus dem Schäfereialltag, die Abwechslung bringen.
Und
Anstrengung.
Ach,
einen neuen Bericht muss ich auch noch schreiben.
Wo
quetsche ich den noch rein?
Mir
fehlt einfach die Zeit!
Und
dann liege ich abends in meinem kleinen Wohnwagen und aus den müden
Gliedern werden langsam ansteigende Hüftschmerzen.
Schmerzen
in der Hüfte hatte ich noch nie und irgendwie machen sie mir Angst.
Da ist doch die beste Lösung, sie zu ignorieren. Was kommt von
alleine, geht von alleine!
Nur
Schlaf kommt nicht und wenn reisen mich die Schmerzen schnell wieder
heraus.
Oh!
Mensch! Ich muss doch Arbeiten!
Dass
geht jetzt einfach nicht!
Und was
mache ich, wenn nun die Hüfte am Arsch ist?
Nein,
ich will das nicht.
Dem
Schmerz ist mein Gedankenkarussell völlig egal, er bleibt.
Am
nächsten morgen komme ich kaum in meine Kleider und den einen Schuh
schaffe ich auch nur notdürftig zu schnüren. Mühselig humpel ich
in den Stall, füttere die paar Brackschafe.
Dann
wird es Zeit doch zu beichten.
Ich
gestehe meinen Auftraggebern meinen Zustand.
Und sie
sind so unglaublich verständnisvoll.
Ich
bekomme die Versicherung, dass man wegen einmal Hüftschmerzen noch
keine neue Hüfte braucht.
Dazu
der Trost, dass das die Reißleine des Körpers ist. Zu viel ist zu
viel, mach mal langsam. Und es gäbe deutlich schädlichere
Reißleinen als diese.
Außerdem
wird etwas telefoniert und zack habe ich schon Vormittags einen
Termin bei einer befreundeten Osteophatin die mich zwischen zwei
Patienten schiebt. So liege ich nicht lange darauf auf dem
Behandlungstisch, werde gedrückt und geschoben, verdrehte Hüfte,
Becken, Knochen vorsichtig überredet, zurück in ihre eigentliche
Haltung zu rutschen. Mit der Anweisung heute nicht mehr zu arbeiten
und auch nichts mehr zu heben, werde ich entlassen. Nichtmal bezahlen
darf ich.
Wow!
Landbevölkerung! Hier stimmt der Zusammenhalt noch.
Zurück
auf dem Betrieb und ich habe nichts zu machen.
Einfach
so, frei.
Ich
fühle mich zwar noch, wie unter ein Auto gekommen, der ganze Körper
weint, aber die Beweglichkeit ist weitestgehend wieder da.
Erstmal
schlafe ich tief und fest, aber dann habe ich die Zeit zum Schreiben.
Wunderbar!
Abendlicher Blick |
Als ich
am nächsten morgen aufwache, bin ich wieder fit.
Das
nichts mehr weh tut, wäre maßlos übertrieben, aber wie war das:
Wenn Du
ab vierzig morgens aufwachst und es tut nichts weh, bist Du
vermutlich tot.
Die
Hänge haben mich wieder.
So
wunderschön ist die Eifel im Frühling!
Das ganze Teil, aufgeteilt in drei Flächen |
Die Schafe auf der mittleren Fläche |
die rechte Seite |
und links, alles Abgefressen |
weiter gehts! |
Zaungäste |