Der
Meisterkurs in Bayern geht dieses Jahr von Mitte Februar bis Mitte
April, mit einer Woche Pause zwischendrin.
Was für
diesen Betrieb in Niedersachsen bedeutet, dass die Schäferin ihre
Herde die komplette Lammzeit über in fremde Hände geben muss.
Und die
fremden Hände, das sind meine.
Es hat
einiges an Planung gebraucht, da ich ja auch noch Kids habe und sogar
einer der Geburtstage in diese Zeit fällt, aber schließlich ist es
organisiert.
Ich
betreue also ca. 400 Moorschnucken zusammen mit einem Auszubildenden
während der Ablammung.
Als
Hauptverantwortliche habe ich das schon lange nicht mehr gemacht,
kein Schäfer fährt in der Lammzeit in den Urlaub. Und so freue ich
mich da richtig drauf.
Lammzeit
führt Körper und Geist immer an seine Belastungsgrenzen,
gleichzeitig liebe ich auch, die Verantwortung über das Wohlergehen
der Mütter und ihrer Lämmer zu haben. Zu sehen, wo was nötig ist
und die entsprechenden Entscheidungen zu treffen, ist etwas was mir
Freude bereitet und ich wirklich gut kann.
Als ich
ankomme ist die Schäferin bereits abgereist, doch hat sie mir ein
detailliertes Protokoll der Abläufe hinterlegt.
Die
Herde ist abgeschoren und aufgestallt.
Drinnen
Lammzeit hatte ich auch schon lange nicht mehr und abgeschorene
Schafe noch nie. Bisher fand ich auch die Vorstellung hochtragende,
nicht abgewachsene Tiere zu scheren unpassend. Und das Handhaben der
glatten, hornlosen Kugeln ist wirklich Gewöhnungsbedürftig. Doch
als zwei Wochen später eine der fünf Schafe, die mit zwei
Herdenschutzhunden draußen in einer Koppel stehen, lammt, nervt mich
die Wolle kolossal.
Was schaut das schätterig aus! Hinten Blut
verschmierte Franseln, keinen Blick auf das Euter. Das sich das Lamm
da überhaupt zurecht findet!
Ja, so
schnell ist die Gewöhnung.
Die
Herdenschutzhunde (HSH) sind natürlich das andere große Neue.
Während
der Stallzeit sind sie schlicht arbeitslos.
Drei
Laufen mit den Böcken auf einer Koppel. Zwei mit den eben erwähnten
fünf Schafen, da sie mit den anderen drei HSH nicht verträglich
sind. Als das Schaf lammt, stellt Bozo, die HSH-Hündin, Lamm und
Mutter in eine Ecke der Koppel, vertreibt ihren Kollegen Frank in die
andere und bewacht das ganze, bis ich das Schaf in den Stall bringe.
Im
Stall ist noch die mazedonische Hirtenhündin Yuna mit ihren sieben
Welpen.
Für
HSH-Welpen ist jetzt die beste Zeit, um heran zu wachsen, mitten im
Stall unter Schafen. Ihre Hütte steht auf der betonierten Fläche
vor den Gruppen, ich drehe eine Hurde zu den Tragenden, so dass sie
zwischen die Tiere können. Die Muttern, die noch keine Lämmer
haben, sind auch richtig freundlich zu den kleinen Pupsies.
Kaum hat eine gelammt, ist das natürlich vorbei. Ein Mutterschaf mit frischem Lamm ist immer auch ein Monster zum Hund. Ich hatte ja schon erzählt, das selbst meine gestandene Hütehündin Ylva die Arbeit mit solchen Schafen verweigert.
Kaum hat eine gelammt, ist das natürlich vorbei. Ein Mutterschaf mit frischem Lamm ist immer auch ein Monster zum Hund. Ich hatte ja schon erzählt, das selbst meine gestandene Hütehündin Ylva die Arbeit mit solchen Schafen verweigert.
Hat
eine Mutter gelammt kommt sie aus den Tragenden erstmal in eine
Einzelbucht.
Und der Weg dahin führt zum Teil an den Welpen vorbei.
Und der Weg dahin führt zum Teil an den Welpen vorbei.
Die
Armen.
Doch
sie lernen schnell. Ich sage laut: „He! Welpen! Ich komme mit
Schaf!“ Oder so was in der Art, es geht mehr um den Ton und schon
flitzen sie in ihre Hütte oder in sonstige Deckung. Immerhin lernen
sie so frühzeitig, höflich und respektvoll zu den Muttern zu sein
und sie unterscheiden jetzt schon sehr genau, was für ein Schaf da
vor ihnen steht.
Dazu
sie sind einfach unglaublich ruhig und entspannt, lange nicht so
temperamentvoll wie Hütehundwelpen.
Hier noch ein Link zu einem YouTube Filmchen:
HSH Welpen beim Schafefüttern im Stall
Yuna, die Mutter bewegt sich auch sehr ruhig zwischen den Schafen, aber es gefällt mir trotzdem nicht. Bei ihren Sprüngen über die Hurden erschrecken sich die Tragenden doch so sehr, dass sie sich fast stapeln. Während sie noch nicht richtig am Lammen sind, ist das kein Problem, aber dann …
Hier noch ein Link zu einem YouTube Filmchen:
HSH Welpen beim Schafefüttern im Stall
Yuna, die Mutter bewegt sich auch sehr ruhig zwischen den Schafen, aber es gefällt mir trotzdem nicht. Bei ihren Sprüngen über die Hurden erschrecken sich die Tragenden doch so sehr, dass sie sich fast stapeln. Während sie noch nicht richtig am Lammen sind, ist das kein Problem, aber dann …
Und
auch wird das Wetter richtig warm, die Stalltore müssen auf.
So sammeln wir alle, die deutlich nicht lammen, zu einer extra Gruppe unter dem Schleppdach und doppeln die Hurden yunasicher auf.
Die Welpen, bereits entwöhnt, vermissen ihre Mutter gar nicht, als ich sie erst stundenweise wegnehme. Bald hat Yuna ihre Freilaufzeit am Tag während wir füttern und so eh Unruhe in den Schafen ist.
So sammeln wir alle, die deutlich nicht lammen, zu einer extra Gruppe unter dem Schleppdach und doppeln die Hurden yunasicher auf.
Die Welpen, bereits entwöhnt, vermissen ihre Mutter gar nicht, als ich sie erst stundenweise wegnehme. Bald hat Yuna ihre Freilaufzeit am Tag während wir füttern und so eh Unruhe in den Schafen ist.
Freilaufzeit.
Die
fehlt auch den Hütehunden.
Normalerweise
habe ich meine Hunde in der Stallzeit viel dabei. Sie lungern vor der
Hurde, helfen beim einfüttern Raufen schafsfrei zu machen, lungern
auf Nachgeburten. All das geht durch die vielen HSH an jeder Ecke
nicht, das würde viel zu viel Alarm geben. So lasse ich morgens,
nach dem ich um sieben die erste Runde im Stall gedreht habe, die
Hütehunde kurz lösen und schaue, dass ich später über Tag noch
zwei große Runden mit ihnen drehen. Den armen, unzufriedenen,
deutlich gereizten.
Das der
Auszubildende abends um zehn die letzte Runde dreht und ich erst
morgens um sieben wieder ist der Vorteil von Schnucken und ihren
wenigen Zwillingen. Ja, auch sie schaffen Lämmer zu verschlusen, zu
vertauschen oder zu klauen. Aber doch habe ich nie Schwierigkeiten
das wieder zurecht zu sortieren. Und die, die entschlossen sind, dass
ihnen trotz Zwillingen ein Lamm völlig reicht, waren immer
eindeutige Fälle. „Alte! Ich habe gesehen, dass Du beide Lämmer
bekommen hast! Was ist denn an dem einen nun so doof? Hmpf!“
So gibt
es auch Flaschenlämmer, die aber in regelmäßigen Abständen
abgegeben werden. Daher lasse ich sie bei ihren garstigen Müttern,
binde diese für die Zeit an und wir füttern nur zu.
Interessiert
sich irgendjemand für den genauen Ablauf im Stall?
Morgens,
nach der ersten Kontrolle ist erstmal Füttern dran. Alle Schafe
bekommen Kraftfutter, die Menge je nach dem ob noch tragend oder mit
Lamm. Die Schafe wissen das, dementsprechend ist der Lärm, bis jeder
etwas gehabt hat. Dazu gibt es Heu in Rundballen, großen Qaderballen
oder in die Raufen, je nach Gruppe.
Im
Stall und unter dem Schleppdach draußen gibt es Abteilungen von
vierzig bis sechzig Schafen, je nach Fressplätzen. In allen Gruppen
tragender Schafe können Lämmer geboren werden.
Lammt
eine, lasse ich, wenn es unproblematisch scheint, Zeit, ihr
Neugeborenes in Ruhe zu begrüßen, abzuschlecken, auf wacklige
Beinchen zu kommen, das Euter finden. Ich greife nur ein, wenn die
Zeit drückt, etwas schwierig scheint oder ein penetranter Klauer die
Mutter von ihrem Lamm fern hält. Klauer sind Schafe, meist selbst
kurz vor der Niederkunft, die sich in ihrer Hysterie, dass sie nun
bald Mütter sind, fremde Lämmer aneignen. Ein Problem, was bei
Stalllammung doch gehäuft auftritt. Problem, weil sie junge Mütter
verunsichern, oder sich einen Zwilling aneignen. Später dann, wenn
sie selbst lammen, fällt ihnen wieder ein, dass das ja gar nicht ihr
Lamm ist, sie es nicht mehr wollen und die Orginalmutter erinnert
sich auch nicht mehr. An Spitzentagen mit vielen Lammungen müssen
die frischen also möglichst schnell in die Stiezen (wie sie hier zu
den Einzelbuchten sagen) und ich muss Kämpfen nicht eine Traube von
Muttern abzuführen.
Das
Lamm nehme ich an den Vorderbeinen auf.
Das
hatte ich schon öfter erklärt, ich möchte nicht, dass das noch
nahezu geruchsneutrale, keimfreie Lamm von irgendetwas an meiner
Kleidung kontaminiert wird. Auch muss die Mutter ihr Lamm bodennah
sehen und riechen können, um ihm zu folgen.
So
führe ich sie in den Stall in eine frisch gekalkte Stieze. Hier
behandele ich den Nabel des Lammes mit Jod. Hat das Lamm bereits
getrunken, überprüfe ich das Euter, ob beide Euterhälften intakt,
angetrunken und nicht mit einem Propfen verstopft sind. Hatte das
Lamm noch nichts und ist noch sehr frisch, warte ich noch etwas,
möchte ich doch auch hier, dass die Keime im Lämmermaul möglichst
nicht die von meinen Fingern sind.
Als die
Zahl der Lammungen steigt, überlasse ich die Fütterei hauptsächlich
dem Auszubildenden, der das gut und selbständig macht.
Mein
Reich sind die Einzelbuchten. Hier Füttere ich auch und tränke.
Alles was mir Zeit gibt, gleichzeitig zu beobachten.
So sehe
ich, ob ein Lamm schon getrunken hat, oder Hilfe braucht, ob es beide
Euterseiten gleichermaßen annimmt, ob die Mutter frisst, oder
abfällt, ob sie genug Milch hat, sich gut kümmert, beide Lämmer
gleich lieb hat, dass Lamm fit und lebendig ist.
Erst
wenn ich von all dem überzeugt bin, wird sie ausgestiezt. Sehe ich
ein Problem, verweilen sie, bis ich entschieden habe, wie es gelöst
wird, oder ob ein Lamm vielleicht abgenommen werden muss.
Das
alles geht natürlich nur bei einer großen Anzahl von Stiezen, wir
haben 34 Stück und bauen sogar nochmal sechs zusätzliche auf. Hätte
ich dies Möglichkeit nicht, würde ich trotzdem keine unklaren Tiere
entlassen, sondern mir eine Notgruppe machen, die ich intensiver
überwache.
Auch
den Auszubildenden halte ich zu dauerndem Beobachten an. Bei jedem
Füttern in den Gruppen schauen, ob einem ein Tier irgendwie komisch
scheint, jedes Lamm muss aufstehen, auch die die unter den Raufen
schlafen.
Schafen
und Lämmern sieht man Probleme nur schwer an.
Natürlich
ein völlig leeres Lamm macht einen Buckel, aber bis dahin ist schon
viel Zeit vergangen, in der ich als erfahrene Schäferin im
vorbeigehen spüre, dass da was nicht stimmt. Und das ist Training
und Übung, was sich einfach nicht erklären lässt.
An jede
Einzelbucht, in der ein Problem ist, mache ich einen bunten Benzel,
so dass jeder weiß, dass da etwas ist. Dem Azubi erzähle ich davon.
Er ist es, der hauptsächlich das gewöhnen an die Milchflasche
übernimmt, sollte dass Lamm nicht genug versorgt sein. Regelmäßig
lasse ich mir seine Beobachtungen berichten. Wir gehe die Buchten
durch und ich lasse mir erzählen, was die Geschichte der jeweiligen
Tiere ist.
Und ich
habe das unglaubliche Glück einen Auszubildenden zur Seite zu haben,
der wissbegierig und aufmerksam ist, Dinge schnell umsetzt und dazu
noch kräftig, innovativ und selbstständig ist. Die Zusammenarbeit
macht Spaß und ich kann ihm guten Gewissens die letzte Runde
überlassen. Er sieht die Dinge, löst sie und weiß auch, wann es
doch besser ist, mich dazu zu holen.
Wunderbar!
Bevor
ein Schaf mit Lamm aus der Stieze kommt, wird es registriert. Bolus
im Magen oder die elektronische Ohrmarke der Mutter werden gescannt
und in einem Buch notiert. Dazu alle anderen Ohrmarken und
Auffälligkeiten. Das Lamm bekommt eine Dosis Vitamin-E+Selen Komplex
und eine Betriebsmarke. Dazu eine Twintac-Ohrmarke mit fortlaufender
Nummer, entweder in rot bei einem Böckchen oder weiß bei einer
Zippe. Weiter gezeichnet wird nicht, was heißt, in den Gruppen muss
es jetzt klappen, sonst müsste ich zum Zusammenfinden alle Ohrmarken
einzeln durchsehen. So zeichne ich dann die Zwillinge doch mit dem
Viehzeichenstift zusammen. Was heißt einen bunten Strich im Fell bei
Mutter und den beiden Lämmern an der gleichen Stelle. Auch kommen
sie dann in eine reine Zwillingsgruppe, in denen ich den Müttern
mehr füttern kann.
Ein
Schaf mit seinem einen Lamm kommt nun in eine Sammelgruppe. 12 Schafe
und 12 Lämmer um eine Umlaufraufe. Habe ich drei dieser Gruppen
voll, kommt die älteste Gruppe raus unter das Schleppdach in eine
große Gruppe mit 36 Schafen. Dazu treiben wir die Gruppe einmal über
den Hof.
Und
auch in den anderen Gruppen ist immer Bewegung. Gelammte verlassen
sie und wir füllen dann aus den Schleppdachgruppen wieder auf, damit
dort Platz für mehr gelammte Tiere wird.
So berechnet sich die Fütterung immer wieder neu und auch habe ich bei all dieser Arbeit immer die Möglichkeit Schafe im Blick zu haben und gegebenen Falls zu versorgen. Dazu habe ich ein extra Büchlein, in dem jede Behandlung an noch Tragenden vermerkt wird. Bei Gelammten notiere ich es im Ablammbuch. Auch die Gruppenbewegungen vermerke ich, um zu wissen, wie alt die Lämmer in den jeweiligen Gruppen sind. So kann ich sie dem Alter entsprechend mit Bravoxin10 impfen und behandeln. Auch haben wir eine große Tafel, auf der wir Strichliste führen über gelammte Mutterschafe, geborene Lämmer und davon gestorbene.
So berechnet sich die Fütterung immer wieder neu und auch habe ich bei all dieser Arbeit immer die Möglichkeit Schafe im Blick zu haben und gegebenen Falls zu versorgen. Dazu habe ich ein extra Büchlein, in dem jede Behandlung an noch Tragenden vermerkt wird. Bei Gelammten notiere ich es im Ablammbuch. Auch die Gruppenbewegungen vermerke ich, um zu wissen, wie alt die Lämmer in den jeweiligen Gruppen sind. So kann ich sie dem Alter entsprechend mit Bravoxin10 impfen und behandeln. Auch haben wir eine große Tafel, auf der wir Strichliste führen über gelammte Mutterschafe, geborene Lämmer und davon gestorbene.
Alles
in allem sind wir so den ganzen Tag gut beschäftigt.
Essen
und Schlafen wird zum einzigen Luxus den man noch begehrt.
Lammzeit!
Wenn
sich bei den Mahlzeiten alles nur noch um Arbeit dreht.
„Hast
du nochmal nach der geguckt?“
„Ich
muss gleich noch mal, da hinten in der Gruppe, das sah mir nicht so
gut aus.“
„Dann
guck doch nochmal bei der vorbei.“
„Heute
morgen hatte ich eine, die war ...“