Ein
neuer Bericht über meine Zeit in der wunderschönen Eifel.
Und was
ist?
Ich
bekomme den Kopf nicht frei.
AAAARRRRGGG!
Das
Finanzamt treibt mich in den Wahnsinn!
Steuerbescheid
2016 war noch gar kein Problem.
Was?
Sie sind selbständige Aushilfsschäferin und Betriebshelfer mit
eigenen Hütehunden.
Kleinunternehmer,
von der Umsatzsteuer befreit.
Kein
Problem, schicken sie mir eine lose Aufstellung der betrieblichen
Ein- und Ausgaben.
Und
kurz darauf hatte ich den Bescheid im Haus, dass ich, wenn ich denn
Steuern zahlen würde, so und so viel zurück bekommen würde.
Okay,
abgehakt.
Nun
dachte ich, das würde für 2017 genauso gehen.
Ha, ha!
Weit
gefehlt!
Wie
naiv!
Nein,
ich soll diesmal doch bitte alle Formulare ausfüllen.
Also
mir diese aus dem Internet ausgedruckt.
Nur
nicht die Anlage G, Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die finde ich
nicht.
Angerufen,
kein Problem, ich könne kommen, mir sie abholen.
Aufs
Fahrrad und die sieben Kilometer zum Finanzamt geradelt.
Wer hat
ihnen das denn erzählt? Die bekommen sie hier nicht! Aber ich kann
ihnen sagen, wo im Internet sie Anlage G finden.
Danke.
Zwei
Wochen nach dem ich die Steuererklärung abgeschickt habe kommt ein
Schrieb, ich habe das ganze online einzureichen, sie werten meine
Unterlagen als nicht eingegangen, das ganze „umgehend“.
Wow!
Und da dachte ich, mit Mai wäre ich dieses Jahr mal früh mit dem
Kram.
Dann
laden wir uns mal ELSTAR, das kostenfreie Steuerprogramm, runter.
Wo soll
das auf meinem Computer gespeichert werden?
Lege es
unter „Eigene Dokumente“, da finde ich es wenigstens.
Ja, ich
weiß, bisschen dumm ein Programm in eigene Dokumente zu legen.
Nun ist
das ganze Programm über meinen „Anna Dokumente“ Ordner verteilt.
Hm.
Was
mache ich jetzt?
Ach, am
besten deinstalliere ich Elstar wieder.
Gedacht,
getan.
Elstar
verschwindet von meinem PC und nimmt gleich meinen ganzen
Dokumente-Ordner mit.
Mit
allem, was ich je geschrieben habe.
KREISCH!
HEUL!
Ich
habe natürlich nicht alles gesichert.
Ein
Gefühl, wie gegen eine Wand gerannt.
Verzweifelt
den Computer zu meinem Spezialisten des Vertrauens geschleppt und
eine Nacht gelitten.
Doch
dieser Retter schafft, das meiste zurück zu holen, zumindest alles,
was ich nicht gesichert hatte.
Tief
durchatmen.
Nächster
Anlauf.
Elstar
heruntergeladen.
Diesmal
richtig.
Jetzt
brauche ich dafür noch ein Passwort und dazu die Bestätigung meiner
Person.
Da
kommt eins per Mail, eins per Post.
Da habe
ich ja Glück, dass ich, nach dem ich vier Monate auf den
Ummeldetermin der Stadt gewartet hatte, nun endlich auch an meiner
Anschrift gemeldet bin.
Vier
Tage bis der Brief kommt.
Hab ich
in der Zwischenzeit mein Postfach aufgeräumt?
HAB
ICH!
Und
dabei aus versehen die Verifizierungmail gelöscht, den Papierkorb
gleich mit.
AAAAAAAA!
Nein,
wir können ihnen nicht eine neue Mail schicken, sie müssen sich
komplett wieder abmelden und neu anmelden.
Weitere
vier Tage auf Post warten.
Hatte
ich nicht ein „Umgehend“?
Muss
ich nicht auch mal arbeiten fahren?
Da
kommt auch schon die Mahnung vom Finanzamt mit Frist.
Na gut,
jetzt mich schnell durch diese Steuererklärung gequält.
Wirklich
gequält!
Denn
immer, wenn das Programm meint, man mache einen Fehler, geht es nicht
weiter, bis man es zu dessen Zufriedenheit gelöst hat.
Aber
geschafft, abgeschickt.
Und
dann ist da auch endlich der Steuerbescheid, der besagt, dass ich gar
keine Steuern bezahlen muss.
Abgehakt.
Halt,
Anna!
Habe
ich das Kleingedruckte gelesen?
Nein?
Selbst
Schuld.
Da
stand nämlich, dass sie finden, dass ich doch ziemlich viele
Kilometer gefahren bin und diese doch bitte Nachweisen soll, mit
Kilometerständen.
Dafür
kommt nun die Mahnung, mit Frist.
Toll.
Natürlich
habe ich kein Fahrtenbuch geführt.
Musste
man ja auch nicht.
Also
die gefahrenen Betriebskilometer habe ich, mit Datum.
Und ich
habe das Auto im Januar 2017 gekauft, da gibt es den Kilometerstand
in den Unterlagen.
Dazu
ein Foto vom jetzigen Tachostand, Oktober 2018.
Das
ganze eingetütet und abgeschickt.
Reicht
doch jetzt!
Oder?
Komme
ich aus der Eifel, erwartet mich hier ein Schreiben, dass ich auch
weiterhin keine Steuern bezahle, dass ich aber, laut ihrer
geschätzten Rechnung, mit dem Auto mehr Kilometer betrieblich
gefahren bin als privat.
Somit
sei das Auto ein Betriebsfahrzeug, die privaten Fahrten sind nun
Betriebseinnahmen.
…
Eigentlich
ja kein Problem.
Auch,
wenn sich meine Betriebseinnahmen auf Schlag verdoppelt haben, komme
ich mit diesen „Einnahmen“ ja immer noch nicht an die
Umsatzsteuergrenze.
Aber
eben noch nicht dieses Jahr.
UND!
Vor
allen Dingen!
Ich
habe das Auto im Januar 2017 privat gekauft.
Wird
mein Betrieb nun gezwungen dieses Auto zu kaufen, ist er pleite, in
den roten Zahlen.
Und das
nicht nur 2017, sondern auf die nächsten Jahre.
Ja, ich
bin hoffnungsvoll auf andere Lösungen.
Bin am Machen.
Aber
eben aber!
Warum?
Ich
muss doch so und so keine Steuern zahlen.
Bin ein
Kleinunternehmer, der so vor sich hin krebst.
Versucht,
sich und Kinder über Wasser zu halten.
Kann
man mich mit so unnötigem Scheiß nicht einfach in Ruhe lassen!!
Tief
durchatmen!
Jetzt
hab ich es mir aus dem Kopf geschrieben!
Also
lass es auch los.
Eifel!
Hier
war ich noch nie.
Dabei
ist das doch Pfalz.
Oha,
lag ich mit der Aussage falsch.
Das ist
Rheinland.
Mit
Pälzer hän se nix zu due.
Okay.
Sorry!
Schaut
auch definitiv anders aus.
Felsen
sind nicht rot, eher gelb.
Und auf
der anderen Seite des Flusses ist schon Luxemburg.
Was für
ein Luxus beim Tanken, Diesel für 1,16 Euro den Liter.
Kleine
Dörfer, Flüsse, Hügel, Wiesen, Wälder.
Herrlich,
wunderschön.
So
einsam, dass das Telefon kein Internet hat.
Und
jeder grüßt einen, selbst Teenager.
Ich mag
es hier auf Anhieb.
Auch
und besonders die Schäferei in der ich aushelfe.
Keine
Urlaubsvertretung. Das mache ich eigentlich lieber, habe den Betrieb
gerne für mich alleine.
Ich bin
gerne alleine?
Kein
Problem, ich bekomme Schafe und Flächen gezeigt und damit wird mir
auch gleich alles überlassen.
Die
Herde ist eine Gebrauchschafherde. Schwarzköpfe, aber in einem sehr
ursprünglichen, bodenständigen Typ, die auch noch den lokalen
kleinohrigen Einschlag haben.
Sagt
man Schnucken nach, dass sie nervös und hektisch sind?
Nichts
gegen diese Schwarzköpfe, konfrontiert mit fremder Schäferin und
fremden Hunden.
Auf
mein Rufen hört keiner.
"Koooommt! Kooommt! Auf jetzt! Sonst machts der Hund!" |
Läuft eine, laufen alle. Geht doch, Mädels! |
Ylva muss liegen bleiben. Zwei Hunde wären zu viel Druck. |
Im
Gegenteil, sie drehen, laufen in die andere Richtung.
Dann
kommt eben der Hund.
Aber
Lillebror, mein junger altdeutscher Tiger, kann ich auch nicht
schicken, da sie sofort, wenn der Hund zu mir zurück kommt, wieder
umdrehen, im Galopp.
Außerdem
ist Lille für solche Schafe leider noch denkbar ungeeignet. Je
nervöser die Schafe, je mehr spult er sich hoch. Hat nur noch hetzen
und jagen im Kopf, weint neben mir empört, dass er nichts tun darf.
Sein Gehirn bekomme ich nicht angeschaltet.
Dann
eben Ylva, meine schwarze Strobelhündin.
Die
alte erfahrene.
Wobei
so panische Schafe selbst bei ihr etwas auslösen.
Aber
ich kann sie hinter die Herde schicken, dort bleiben lassen.
Hinten
ein Hund, vorne ich mit dem zweiten.
Die
Herde dreht sich im Kreis.
Ich
lasse Ylva von ihrer Position auf die Schafe laufen.
Sie
rennen los, wollen mich über den Haufen stürmen.
Da ist
aber Lille.
Sie
bremsen ab, drehen um.
Die
Herde dreht.
Habt
ihr das Bild?
Großartig.
Hab ich
sie dann endlich auf der zu hütenden Fläche, stehen sie in der
Mitte auf dem Klump.
Lille,
der sonst so entspannt und ausgeglichen seine Grenzen läuft sprintet
nun nervös fiepend auf und ab.
Arg! Am
liebsten würde ich...
...tief
durch atmen.
Entspannen.
Die
Situation nehmen, wie sie ist.
Wir
gewöhnen uns schon an einander.
Denn
irgendwann fangen sie doch an zu fressen, Lille entspannt in seinem
Laufen, eine vorsichtige Harmonie entsteht.
Und so
werden wir vertraut miteinander.
Ich
mache den Nachtpferch jeden Tag etwas kleiner, so müssen sie mehr
beim Hüten fressen.
"Guten Morgen!" |
Und
dazu die gute alte Erziehung.
Ich
rufe, Schafe kommen nicht, dann kommt der Hund.
Frisches
Futter?
Gibt es
nur über mich, nur wenn ich rufe.
Seht
ihr Schafe irgendetwas leckeres, meint einfach los rennen zu können,
dann kommt der Hund.
Ylva
lasse ich beim ziehen oft hinter oder neben der Herde.
Das
klappt auch meistens gut, nur, dass sie, wenn ich sie nicht sehe,
wieder vor kommen will.
Meistens
auch kein Problem, kommt sie doch weitläufig, ohne die Herde zu
stören.
Außer.
Der Weg
ist eng.
Oder es
sind so viele Dornen und Brenneseln im Wald.
Dann
kann man als Hund doch nur an den Schafen nach vorne kommen.
Und es
reicht, wenn sich die letzten zehn Tiere erschrecken, in die andere
Richtung davon rennen.
Denn
dann drehen auch die nächsten, tröpfeln nach hinten davon.
Da
stehe ich dann mit der Herde und weiß, gleich ist kein einziges
Schaf mehr bei mir.
Wie
eine Sanduhr.
Alles
was mir bleibt, ist hinter her zu gehen. Weit rennen sie ja nicht,
nur bis sie sich sicher fühlen.
Auf die
Pferchfläche zum Beispiel. Da kann ich sie dann wieder einsammeln,
ein neuer Anlauf.
Ich
sehe das ganze als Herausforderung.
Das
wichtigste:
Die
Schafe sollen abends satt und rund sein.
Fremdflächen
bleiben ungeplündert.
Für
beides gibt es keine Kompromisse.
Alles
andere kommt schon.
Und so
ist es auch.
Jeden
Tag laufen sie etwas besser, fressen entspannter.
Die
Herde fängt an, mich zu bedrängen, wenn sie frisches Futter haben
möchte.
Sie
gucken nach mir, achten auf meine Ansagen.
Und
ich?
Ich
genieße jeden Tag.
Es ist
für November unglaublich mild, alle Wollunterwäsche umsonst
mitgeschleppt.
Die
Zeit verschwimmt zu einer Einheit.
Ich bin
so zufrieden.
Habe
richtig Spaß, starte mit Freude in jeden neuen Tag.
Abends
komme ich strahlend heim, erzähle mit einem Schmunzeln von den
neuesten Ideen der Schafe und wie ich sie zur Vernunft gebracht habe.
Ja, und
was macht der Betriebseigentümer, wenn nicht Urlaub?
Er
setzt alle gewonnene Zeit in die Rettung der Schäferei. Führt
Telefonate mit Schäfern, Journalisten, Politikern bis nach Brüssel,
ist für Kollegen in Not auch nachts um elf noch zu erreichen.
Das
alles mit einer Ruhe und Geduld, die in mir tiefe Hochachtung weckt.
Vielen
Dank!
Und
dann ist die Zeit schon wieder um.
Sicher?
Bin
doch gerade erst angekommen!
Nein,
wirklich.
Wow!
Danke!
Ich
habe wirklich gerne bei Euch gearbeitet!
Und
ganz zum Schluss noch etwas zu meinen Steuern.
Vordrucke
und Amtsschreiben sollen ja neutral formuliert sein.
Und
klingen doch immer wie eine persönliche Kriegserklärung.
Einige nette kompetente persönliche klärende Gespräche haben mir
sehr weiter geholfen.
Betriebswagen
also, mit Abschreibung und Fahrtenbuch.
Für
mich eigentlich sogar von Vorteil.
Und was
lerne ich daraus.
Immer
und immer wieder!
Zur Not
mit der Holzhammermethode.
Wenn
mich was aufregt: Suche das persönliche Gespräch.
Die
wenigsten haben es wirklich auf mich persönlich abgesehen.
Sogar
ich selber nicht.
UND:
Ich
habe meine eigene Gehirnscheiße nicht so ernst zu nehmen.
Meine
Gedanken sind eine echte Dramaqueen.
Lass
sie denken.
So
schlimm wie ich es mir gedacht habe, ist es noch nie gekommen.
Und all
die Scheiße die mir schon passiert ist, habe ich mir in meinen
schalflosesten Nächten nicht ausmalen können.
Also,
wen kümmerts?
Mich
nicht!
Lach.