Mai.
Mein
absoluter Lieblingsmonat.
Endlich
wächst es, sprießt, explodiert.
Alles
erstrahlt in frischem neuen Grün, in allen Schattierungen und
Abstufungen.
Nur
unterbrochen von Blüten, winzig klein, kaum sichtbar, bis groß,
Blicke auf sich ziehend.
So
bunt, so schön.
Der
blaue Himmel darüber, besetzt mit kleinen Schäfchenwolken.
Darunter
die weit verteilt grasende Herde, wollige Tupfen auf dem Grün.
Und ich
stehe, kann mich nicht satt sehen!
Noch
brennt auch die Sonne nicht gnadenlos, noch ist nichts überständig,
am vertrocknen.
Auch
wenn die Temperaturen darauf hin deuten, dass das nicht mehr lange
dauert. Darüber bleibe ich entspannt, die Vergangenheit hat doch
immer wieder gezeigt, dass auch das Jahr den Mai als Lieblingsmonat
auserkoren und den Sommer hierher verschoben hat.
Das
Hüten um diese Jahreszeit ist abwechslungsreich und spannend. Die
kleinen, übermütigen Lämmer haben noch viel Quatsch im Kopf. Und
auch die Mütter, froh draußen zu sein, froh ihre Wolle los zu sein,
froh über all das frische Grün, können nicht genug bekommen.
Begeistert wollen sie überall mal einen Happen nehmen, möglichst
einen ganz besonders frischen. Dafür laufen, rennen, drücken sie
und die Hunde haben ordentlich zu tun.
Vorbei
die Zeit der Langeweile für meine beiden Altdeutschen Hütehunde
Lille und Ylva, den ganzen Tag laufen, lange Zungen. Abends steigen
sie schwerfällig aus dem Auto, müde von der Tagesarbeit. Nur um
morgens wieder begeistert los zu stürzen.
Genau
wie ich auch.
Ja.
So
fühlt sich Schäferglück an!
Außer
Mai, Mai, Mai, gibt es nicht wirklich etwas zu erzählen.
Und
dann gibt es beim Hüten diese entspannten Momente, die Schafe stehen
ruhig, die Hunde tun ihre Arbeit und ich habe Zeit zu lesen.
Hier
mal wieder eine Buchempfehlung.
Schweinebande!
Der
Fleischreport
Ein
Metzgermeister über die Praktiken seiner Zunft
von
Franz Josef Voll
Erschienen
im LUDWIG Verlag
ISBN:
978-3-453-28087-8
für
16,99 Euro
Ein
Buch, bei dem ich denke, es sollte jeder gelesen haben.
Eine
Berufskollegin und Freundin hat es mir geschenkt und ich gebe zu,
zuerst hatte ich keine Lust hinein zu schauen. Einerseits weil ich
nicht wirklich der Sachbuchleser bin und andererseits weil ich
dachte, doch das meiste über Fleischproduktion zu wissen.
Ha, ha.
Lag ich
bei letzterem falsch!
Als ich
dann doch hinein blätterte, immerhin war es ja ein Geschenk, zog es
mich sofort in seinen Bann.
Franz
Josef Voll schreibt eingängig, leicht zu lesen und unglaublich
spannend. Das Buch liest sich wie ein Krimi, man möchte wissen, wie
es weiter geht.
Der
Autor erzählt seine Lebensgeschichte. Nach der Schule hat er 1969
das Metzgerhandwerk, in einem von damals 400 Betrieben in Essen, von
der Picke an gelernt.
Mit der
Industrialisierung der Wurst starben die meisten der Metzgereien und
Voll wechselte zu einer Kaufhauskette in die Fleischerfachabteilung.
Danach
kam eine kurze Zeit in einem industriellen Schlachthof, wo am Tag um
die 3000 Schweine geschlachtet wurden. Fließbandtod im Akkord. Jeder
war nur für genau einen oder zwei Schnitte zuständig, stumpfsinnig,
nur betrunken zu ertragen. Schweine die nicht richtig betäubt am
Haken im Tunnel, in dem ihnen bei 80 Grad die Haut abgebrüht wird,
wieder zu sich kommen, schreiend.
Lange
ertrug Voll das nicht, machte seinen Meister und arbeitete in einem
mittelständigen Betrieb der Fleischprodukte für Läden herstellte.
Von
dort wechselt er in die Lebensmittelkontrolle. Er der alle Tricks
Fleischproduktion kennt.
Und
hier muss er erleben, was die in Deutschland so hoch gelobte
Lebensmittelkontrolle bedeutet.
Staatliche
Lebensmittelkontrolle deren Befugnisse an der Gemeindegrenze endet,
die international agierende Konzerne kontrollieren sollen.
Ha, ha.
Voll
gibt nicht auf, wendet sich an die Medien, versucht die
Öffentlichkeit über Realitäten zu informieren, schreibt dieses
Buch.
Ein
Buch das mich fast sprachlos zurück lässt.
Und wer
glaubt, es beträfe ihn nicht, er sei ja Vegetarier, der irrt.
Denn
auch zur Herstellung von vegetarischen und veganen Erzeugnissen hat
Voll etwas zu sagen, von Zusatzstoffen, Farbstoffen, Stabilisatoren
und zur Not auch Hühnerfleisch, das nicht deklariert werden muss.
Dann
das Seperatorenfleisch, wieso Knochen und Reste überhaupt Fleisch im
Wort haben? Seperatorenfleisch darf nirgends drin sein, und doch
steht in vielen Fleischverarbeitungsanlage ein Kutter, der genau dies
verarbeitet. Seperatorenfleisch, was sich nicht einmal im Labor in
der Wurst nachweisen lässt.
Voll
nennt als Kriterien der Industrie für die Verwendung von
Zusatzstoffen:
- billig
- billig
- lässt sich im Labor schlecht oder überhaupt nicht nachweisen
- kann noch mehr Wasser am Fleischeiweiß binden
Das
Lesen dieses Buches beraubt einem aller Illusionen.
Auch
derer, dass wir Verbraucher doch Schuld an dieser Misere wären.
Ja, der
Verbraucher kauft billig, aber das was gekauft wird, ist so billig in
der Produktion, dass er immer noch beraubt wird. Ohne es zu wissen.
Kleine
und mittelständige Handwerksbetriebe, alle tot.
Hygieneauflagen
sind so ausgelegt, dass sie den kleinen das Genick brechen, irgendwo
muss der machtlose Kontrolleur doch ansetzen.
Politik
und Industrie gehen Hand in Hand.
Und wer
glaubt, dass das nur die Fleischverarbeitung betrifft, der hat nicht
zwischen den Zeilen gelesen.
Voll
beschreibt die Dinge, von denen er Ahnung hat, sehr genau.
Und
doch ahnt man, dass es überall wo es um Gewinnmaximierung geht, die
gleiche Geschichte ist.
Denn:
„Technisch haben wir heute einen Punkt erreicht, an dem alles
machbar ist, und moralisch haben wir einen Punkt erreicht, an dem
alles, was machbar ist, gemacht wird.“
Was hat
das alles mit einer Geschichten schreibenden Schäferin zu tun?
Auch
ich bin Verbraucher.
Auch
ich bin Bürgerin.
Und in
den meisten Schäferein, in denen ich arbeite, wird der Großteil der
Lämmer und Altschafe an den Handel verkauft. Zu Preisen, die den
Betrieb schon lange nicht mehr tragen. Der normale Schäfereibetrieb
kann sich die Selbstvermarktung nicht leisten, zu hoch sind alle
Hygieneauflagen. Und auch den kleinen Schlachter neben an gibt es
nicht mehr, auch er ist an diesen Auflagen gescheitert. Und dies
nicht, weil irgendjemand damit einen Verbraucher schützen wollte.
Nein, dies nur um alle Macht der Industrie zu überlassen.
Oh, es
ist traurig.
Es
macht wütend.
Und
antworten hab ich keine.
Außer
vielleicht, dass ich immer mehr versuche darauf zu achten, dass ich
regional einkaufe, weiß, wie die Dinge produziert werden.
Ohne
dabei jemand mit Fanatismus zu nerven.
Der
Verbraucher ist Unschuldig, zu viele mächtige Kräfte hat er gegen
sich.
So
möchte ich mich aber auch nicht mehr für seltsam halten, wenn ich
die Tiere in meiner Gefriertruhe persönlich kenne. Der einjährige
Ziegenhammel, der den ganzen Winter wild durch den Stall gehupst ist,
über alle Absperrungen hinweg, sich im Lämmerschlupf fett gefressen
hat, Schafe schikanierte. Bis er oben im Gitter hängen blieb und
sich das Bein so ungünstig brach, dass ich nun leckeren Braten habe.
Oder
das alte Saffolkschaf, das Lungenkrank war. Ihr Hackfleisch zieht
doch viel Wasser und ich habe die Vermutung, dass sie wohl eher
Herzkrank war, was zu Wassereinlagerungen nicht nur in der Lunge
führt. Aber als Spagettisoße essen sie sogar die Kids. Lecker!
Guten
Appetit!
Schweinebande!
Der
Fleischreport
Ein
Metzgermeister über die Praktiken seiner Zunft
von
Franz Josef Voll
Erschienen
im LUDWIG Verlag
ISBN:
978-3-453-28087-8
für
16,99 Euro in der Buchhandlung um Deine Ecke
Und wer
wirklich nicht lesen mag, der kann Franz Josef Voll auch einfach mal
bei einem Videoportal eingeben und sich ein paar Beiträge zu dem
Thema ansehen.
Hiermit
versichere ich das ich Herr Voll nicht persönlich kenne, mich nur
auf sein Buch beziehe und auch keinerlei Vorteile durch diese
Empfehlung habe. Ich hoffe auch keine Nachteile. ;)