Drei
Wochen Schäferei und die Welt draußen verändert sich.
Natürlich
lese ich und wir reden. Doch ich schaue kein Fährn (hi, hi) und
irgendwie bleibt die anrollende Pandemie unwirklich.
Und
dann geht es Heim, 670 Kilometer durch plötzlich leeres Land.
Zu
einem Kind, das seit Anfang des Jahres offiziell keins mehr ist und
sich sehr organisiert und informiert auf die Apokalypse vorbereitet
hat.
Der
Versuch, der von der Regierung empfohlenen Vorratslagerung, von dem
genau auf Tage abgezählten Geld, dass ich da gelassen habe. Und doch
sind wir runter auf eine Rolle Klopapier. Es war einfach nichts zu
bekommen.
Beim
Einkaufen am nächsten Tag trifft mich die ganze neue Realität.
Leere
Regale, leise Menschen, die riesen Bögen umeinander machen und
höflich warten.
Aber
noch mehr trifft mich die Stimmung. Ich bin Schäferin, das spüren
der Herdenstimmung ist mein Beruf. Und die Angst liegt wie eine
Glocke über allem, macht die Brust eng, raubt die Luft zum Atmen.
Noch stärker in meinen Träumen. Die ersten Tage vergeht kaum ein
Morgen, an dem ich nicht Schweißgebadet aus Alpträumen von
Ersticken in lichtlosen Räumen hochschrecke.
Ich
beschließe zumindest bis nach Ostern zu Hause zu bleiben. Auch wenn
das Kind sagt: Mutter, fahr, in der Schäferei bist du wenigstens
sicher.
Nein,
so rum läuft das nicht. Noch nicht!
Die
Maßnahmen werden verschärft. Nur noch 2 Personen zusammen im
freien. Das Kind ist erleichtert, endlich muss es keine Ausreden mehr
erfinden, warum es nicht zu den Keine-Schule-Partys kommt.
Die
Innerdeutschen Grenzen werden geschlossen. In Lübeck sind wir
plötzlich wieder Zonenrand. Jeden Tag überquere ich für die
Hunderunde illegal die Grenze.
von Kindern gebaute Brücke von West nach Ost |
Das Spazierengehen auf dem ehemaligen
Todesstreifen hat wieder eine erschreckende Realität.
ehemaliger Todesstreifen |
Ja,
über manche der Maßnahmen lässt sich sicher wundern, über
Nachrichten von Corona und Strandpartys auch. Genau wie angezeigte
Ordnungswidrigkeit für das alleinige Sitzen auf einer Parkbank,
Denunziantentum oder Wohnungsstürmung, weil sich drei Personen
treffen, anstatt nur zwei.
Und
doch bin ich saufroh, dass wir die Kurve abgeflacht bekommen.
Dass
die Krankenhäuser nicht überlaufen.
Dass
uns Bilder wie aus Italien, Spanien oder New York erspart bleiben.
Und da
ich viele, auch sehr enge, Freunde im Ausland habe, weiß ich wie gut
wir es hier doch haben. Wir dürfen unsere Wohnung noch verlassen,
wir haben Kündigungsschutz, verlieren nicht mit dem Job auch sofort
unsere Krankenversicherung, haben ein Sozialsystem.
Ja, es
gibt viel zu Verbessern und auch wir müssen wachsam bleiben, für
unsere Demokratie, Pressefreiheit, im Gesetz verankerte Grund- und
Menschenrechte.
Bitte
bedenkt beim Lesen, dass dies alles nur meine persönliche Meinung
und Gedanken sind.
Ich
versuche Informiert zu sein. Und egal zu welchem Thema möchte ich
auch die Gegenseite hören, versuche ein umfassendes Bild zu
bekommen. Und selten ist meine Meinung in Fels gemeißelt, sehe ich
schwarz oder weiß. Es gibt so viel grau dazwischen.
Am
meisten beeindrucken mich Persönlichkeiten, die auch mal sagen, dass
weiß ich nicht, das kann man so oder so sehen. Die, wenn sie einen
Entschluss fassen, etwas Anordnen, mir die Hintergründe für ihre
Entscheidung erklären können. Sich an die Front einer Entscheidung
zu stellen und doch offen auch Zweifel und Ängste zu zugeben, bereit
sein einzustehen und auch eine Änderung zu ermöglichen, zeigen sich
neue Fakten. Das nenne ich Größe.
Doch
genauso wichtig, wie Informiert zu bleiben, Fakten und Quellen zu
überprüfen, ist mir, Medien, Nachrichten und facebook in meinem
Leben zu begrenzen.
Ich
gestalte mein eigenes Wohlgefühl!
Mich
mit Negativem zu überschütten, verändert nicht die Welt, sondern
mich!
So
liebe ich es, mich mit schönen Dingen, Natur, Tiere, Musik zu
umgeben, im Jetzt des Momentes zu versinken.
Oder in einem spannenden
Buch lesen, das mich mit fort nimmt, alle Realität weit hinter mir
lassend. In fremden Welten ertrinken, mit den Charakteren mit zu
leben, deren Reise zu begleiten.
Oder die Geschichte gleich selbst zu
schreiben.
Narla,
die Wurzellose
Nun
wurde mein Buch im Verlag Edition-Weltenschreiber veröffentlicht.
Es war
ein langer Weg, bei dem ich wirklich sagen kann, der Weg ist das
Ziel.
Kaum
konnte ich als kleines Kind schreiben, fing ich auch schon an
Geschichten zu Papier zu bringen und natürlich zu lesen.
Mein
Lieblingsbuch war „Die Brüder aus der Höhle und das Mädchen
Idis“ von Auguste Lechner. Ein Roman in dem Höhlenmeschen und
deren zahmer Wolf mit dem Bronze Zeitalter konfrontiert werden.
Mit
zwölf Jahren las ich Erik Ziemens „Der Wolf“ und alle anderen
Fachbücher die ich zu Wölfen finden konnte. Dazu J.R. Tolkins „Der
Herr der Ringe“, bis heute 16 Mal eingetaucht, auf ein Abenteuer
mit alten Freunden. Dem folgte „die Belgariad und Mallorion Saga“
von David Eddings.
All
dies inspirierte und verzauberte mich, brachte meine eigene, erdachte
Welt zum ersprießen.
Eine
Welt mit Wolfsgott, Zauberern und ihren Ringwölfen. Fern jeder
Realität und doch waren die Hauptfiguren bodenständige, einfache
Menschen, mit denen ich im Schreiben mit lebte.
So
begann Narlas Geschichte, damals noch Momo, schon 1988, als ich
gerade zwölf Jahre alt war. Mit Feuereifer schrieb ich auf der alten
Schreibmaschine meiner Mutter, auf zwei Fingern, bis die Zeigefinger
von dem harten Tastenanschlag bluteten. Das hat sich bis heute nicht
geändert, der Tastenanschlag zum Glück schon.
Mein
großer Traum war, Schriftstellerin zu werden.
Doch
reichen Träume, Schreiben und Fantasie dafür nicht aus. Schulische
Leistungen sagten recht deutlich, dass das sehr schwer zu erreichen
sein würde. Ich war einfach zu langsam, Dinge zu hinterfragen, das
Warum wissen zu wollen, hatte keinen Raum. Dazu meine
Rechtschreibschwäche, die sich auf alle Fächer negativ auswirkte.
Doch
noch träumte ich.
Es war
in der 8. Klasse, als mich mein sehr verehrter Deutschlehrer fragte,
ob er mein werdendes Manuskript einsehen dürfe. Oh, war ich
aufgeregt. Tage des Bangen und Hoffen.
Schließlich
hielt ich es nicht mehr aus, ermuntert von einer Mitschülerin,
traute ich mich, zu fragen, wie weit er sei, wie er es fand.
Der
Lehrer sah mich an, zog die Braun hoch, verdrehte die Augen. Ohne ein
weiteres Wort gab er mir meine Seiten zurück.
…
Zeit
erwachsen zu werden.
Zeit
meinen Traum zu beerdigen.
Schriftstellerin.
Das ist
der Traum eines Kindes.
Kleines
Mädchen, das träumt Prinzessin zu werden.
Man
wird erwachsen, wusste was Realität war.
Ich
wechselte vom Gymnasium auf die Realschule, wesentlich passender zu
meinen Leistungen.
Außerdem
zog ich von meiner Mutter aus der Pfalz zu meinem Vater nach
Schleswig-Holstein.
Schäferei.
Das
wurde mein Zuhause, mein Leben.
Arbeiten
mit Schafen und Hunden, immer draußen, all das hatte viel von der
archaischen Welt meiner Fantasie. Meine Geschichte verließ mich nie.
Meine Gedanken woben daran.
In
meine Welt einzutauchen war weiterhin auch Flucht vor unliebsamen
Dingen und besonders dem Gedankenkarussell, das uns doch alle so
gerne des Abends am Schlafen hindert.
Und
immer noch schrieb ich, nicht mehr auf der Schreibmaschine oder
linear. Ich pickte einzelne Momente, notierte sie in meinem Tagebuch.
So
stand bereits 1996 das Grundgerüst von Narla.
2007
verfasste ich eine 60 Seitige Kurzgeschichte als Hochzeitsgeschenk
für Verwandte. Dies machte mir viel Freude und kam so gut an, dass
ich dachte, vielleicht könnte ich doch mehr schreiben. Nur was?
Und da
war mir schnell klar, dass ich als erstes Narla zu einem Rund
verhelfen musste.
So fing
ich an aus all dem, was ich seit meinem zwölften Lebensjahr
geschrieben habe, einen Roman zu gestalten. Es musste neu
geschrieben, Lücken gefüllt, Charaktere überarbeitet werden. Aus
Momo wurde Narla.
2010
hatte ich den ersten Entwurf von Narla in der Hand, oder auf
Computer.
Doch
noch immer war eine Veröffentlichung jenseits meiner Vorstellung.
Dies
änderte sich, als ich 2015 eine halbe Seite Text aus meinem
Schäferalltag auf facebook veröffentlichte. Die Resonanz war
überwältigend!
Schnell
schrieb ich monatliche Berichte, die ihren Weg auch in den
Schäferbrief des Bundesverband der Berufsschäfer fanden.
Eigentlich
hätte ich es ja schon seit meiner Schulzeit wissen müssen, als ich
meine Aufsätze vor der Klasse vortrug. Doch nun zu sehen, dass
Menschen, die sonst nicht die Geduld aufbringen, einen Absatz zu
lesen, mit Interesse und Begeisterung fünf Seiten und mehr von mir
verschlingen!
Wow!
Viele
können Rechtschreibung, nicht viele können Leser an ihre Worte
fesseln.
Endlich!
Endlich
glaubte ich daran, dass meine Narla es Wert ist, veröffentlicht zu
werden.
Das ich
es Wert bin!
Von
hier dauerte es noch bis 2019 und viele Anfragen und Absagen später,
bis ich auf den Verlag Edition-Weltenschreiber aufmerksam wurde. Da
war auf der Internetseite eine Telefonnummer. Es vergingen wieder
Tage bis ich den Mut hatte, diese anzurufen.
Entspannt
wollte ich klingen, fröhlich, sympathisch!
Und das
in einem Moment in dem ich gerade mit sieben, von der Winterpause
gelangweilten Hütehunden im Feld unterwegs war. Ha, ha. Doch anders
war in der Lammzeit einfach kein Moment zu einer vernünftigen Zeit
zu telefonieren. Und irgendwie gelang es mir und ich durfte mein
Exposé mit der 30 seitigen Leseprobe an Swetlana Neumann schicken,
bekam das Versprechen, sie würde es prüfen und mir eine Kritik
geben.
Diese
Kritik war dann eine direkte Zusage! Unglaublich!
Der
Traum des kleinen Mädchens!
Ich bin
eine Autorin!
Und
Schäferin.
Eine
Schäferin die ein Fantasy Buch schreibt, in dem Wölfe Hauptrollen
spielen.
Würde
ich, heute hier aufgewachsen, die Dinge anders sehen?
Ich
weiß es nicht.
Mein
Fachwissen zu Wölfen hat mich sicherlich befähigt, die
Anpassungsfähigkeit dieser Beutegreifer voraus zu sehen. Zu wissen,
das Menschenscheu, natürliches Verhalten, Kehlbiss, frisst nur was
er braucht, lässt sich von Zäunen und Hirtenhunden abhalten, doch
Unwahrheiten sind und nicht einfach so funktionieren.
Ich
stehe hinter der Weidetierhaltung als beste Form, das Leben des
Menschen mit der Natur in Einklang zu bringen.
Wölfe,
die den Mindestschutz überwinden, die sich ohne Scheu Menschen und
dessen Tieren nähern, gehören entnommen. Völlig egal wie er sich
dieses Verhalten angeeignet hat.
Mehr
dazu findet Ihr auch hier:
Passt
das zusammen mit meinem tiefen Respekt vor diesem wilden Tier?
Für
mich schon.
Keiner
zweifelt an, dass ich Hunde und Schafe liebe.
Und
doch entnehme ich Schafe, die meinen sie könnten über Zäune
hupsen.
Wir als
Menschen sind die Verantwortung tragenden.
Der
Wolf scheint mit seiner Präsentation von wilder, unberührter Natur
doch all zu oft ein Sichtschutz und Trostpflaster für Menschen die
jeden echten Kontakt zur Natur verloren haben. Dabei wird übersehen,
dass der Wolf sich wunderbar in der industriellen
Intensivlandwirtschaft zu Hause fühlt und da auch keine Bedrohung
darstellt, gibt es doch keine Tiere mehr, die das künstliche Licht
der Ställe verlassen.
Mein
Buch spielt in einer von Menschen noch weniger, aber doch
dominierten, technikfreien Fantasiewelt. Der Gott, nicht weniger fern
als der unsrige, ist ein Wolf.
Wer nun
auf eine intensive Konfrontation mit diesem Thema hofft, wird
enttäuscht. Nie wollte ich eine Massage verbreiten oder Belehren,
sondern einfach nur die Geschichte leben.
Oksidien
in einer Welt, in der ich jeden willkommen heiße, sich Zuhause zu
fühlen, einzutauchen, den Alltag hinter sich zu lassen.
Echte
Wölfe werden nicht verklärt oder verherrlicht, doch respektiert.
Ha, ha.
Habe
ich nun allen Seiten genug Stoff zum Hassen gegeben?
Dann
hasse, wer es muss.
Ich bin
in so unterschiedlichen, strukturellen Welten aufgewachsen,
beobachte, wie wir alle in unseren Blasen leben, den anders Denkenden
all zu oft verabscheuen. Nie habe ich irgendwo richtig dazu gehört,
Abneigung bin ich gewohnt.
Und
doch habe ich mich schon vor Jahren gegen das Hassen entschieden.
Gründe
für Abscheu findet jeder. Aber Hass ist etwas, was ich mir selbst
antue.
Es gibt
keine Sache die Propaganda oder Hass rechtfertigt!
Verantwortung,
Toleranz, ein waches Interesse an meinen Mitmenschen und, vor allem
anderen, Liebe, können unsere Welt retten.
Liebe!
Hm,
insgesamt scheint es mir diesmal ein etwas wirrer, unstrukturierter
Text zu sein.
Doch so
sind Gedanken, besonders persönliche. Sprunghaft, nicht erörternd.
So
danke ich Euch, wenn ihr jetzt immer noch lest. Ha, ha.
Wir
haben Ostern und ich würde den Text gerne als Ostergruß einstellen.
Ohne
noch Ordnung rein zu bringen. Immerhin ist jetzt Karsamstag.
Dieses
Wochenende wäre eigentlich unsere großes Familienfest.
Meine
Großmutter, 91 Jahre, hatte als Neujahr Resolution, noch so lange zu
leben.
Denn
das Leben verlässt sie bereits, so schwach, so schwer an Luft zu
kommen.
In
meinem Buch schreibe ich ihr:
Mein
erster Dank gebührt meiner Großmutter Mima. Du warst immer für
mich da. Nun bin ich es für Dich!
Wegen
ihr suche ich nach Arbeitsmöglichkeiten im Süden Deutschlands,
besuche sie bei jeder sich bietenden Möglichkeit.
Und nun
ist sie isoliert, eingesperrt in ihrem Zimmer. Keinen Besuch, kein
Ausgang, der aus eigener Kraft auch nicht mehr möglich wäre. Wir
telefonieren täglich und schreiben.
Ich
habe diese unglaublichen Blumen von ihr bekommen.
Uns
verbindet tiefe Liebe.
Werden
wir uns je wieder sehen?
Ist
dieser Zwang die richtige Lösung?
Müsste
sie nicht selbst entscheiden dürfen?
Ich
kann das nicht beantworten.
Für
Euch alle ein schönes, besinnliches Osterfest!
Bleibt
gesund, kümmert Euch um Eure Nächsten!
Seit
für einander da!
Sollte
es gerade zu viel sein, die Schleifen zu sehr ins negative driften...
Ihr
seid nicht alleine!
Sich
Hilfe zu suchen, ist Stärke!
Für
jeden der noch in der Lammzeit steckt, fitte, runde Lämmer und
fürsorgliche Mütter mit viel Milch.
Macht
es gut, seht mir diesen seltsamen Bericht nach, es sind seltsame
Zeiten!
Liebe
Grüße
Anna
Bindung | Softcover | |||
Seiten | 352 | |||
Maße | 21 cm x 14,8 cm | |||
Autor | Anna Kimmel | |||
ISBN-13 | 978-3-944879-81-9 |
Boah, das hast du aber wieder schön geschrieben und soooo lang. Hast du nicht mal Lust ein Buch über deine Tätigkeit als Schäferin zu schreiben? Das würde mich sehr interessieren und das würde ich spannend finden.
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