Donnerstag, 6. Juni 2019

Mai in der Eifel 2019


Mai!
Mein absoluter Lieblingsmonat!
Alles wächst und sprießt.
Grünt und blüht.
So langsam schütteln wir uns alle den Winter und die Lammzeit aus den Knochen.
Die Sonne ist herrlich warm, noch nicht zu heiß und auch die Trockenheit macht zwar etwas Furcht, aber ist noch nicht zerstörerisch.
Die kleinen Lämmer toben wild und zügellos über die hellgrünen Wiesen.
Total unerzogen und respektlos vor dem Hund, um dann nach der Abmahnung kopflos zu fliehen.
So mancher über den langen Winter fett gewordener Hütehund kommt nun an all seine Grenzen.
Nicht so meine, denn es ist immer noch kein Hüten.
Leider.
Auch, wenn ich eigentlich zu den Menschen gehöre, die sagen:
Unhütbare Flächen?
Die gibt es nicht!
Hier in der Eifel muss ich es einsehen.
Die Schafe sind über Winter viel genetzt worden und ähnlich wild wie ihre Lämmer. Dazu haben sie mich und meine Hunde in den letzten Monaten vergessen.
Um dies wieder zu beleben bräuchte es eine Fläche die übersichtlich, groß und mit klaren Grenzen ist. Da könnten sich die Hunde einpendeln, die Schafe würden sich beruhigen, feststellen, dass weder Hunde noch Schäferin ihnen etwas böses wollen. Sie würden anfangen in meiner Nähe zu fressen, sich der Grenze mit den Hunden nähern und alles würde entspannen.
Aber solche Flächen hat es zur Zeit nicht.


Es sind verbuschte Steilhänge, die zum größten Teil bewaldet sind. In den lichten Frühlingswäldern blühen wunderschön die Orchideen. Und auch, wenn die dort blühen, da die Flächen beweidet werden, gäbe es riesen Alarm, sollte da jetzt ein Schaf dran knabbern oder drüber laufen.







Unübersichtliches Gelände und dazu feurige Schafe machen das Hüten nicht möglich.
Also werden elektrische Zäune gebaut.
Denkt irgendjemand, ist doch gut, Netze auf gestellt, Schafe rein, Feierabend?
Ha, ha.
Die zu beweidenden Stücke sind winzig, die Hänge extrem Steil, der Boden felsig, zum Teil gibt es steinerne Terrassen, Bäume, Hecken, Büsche, Stacheldrahreste.
Ich verbringe die gleiche Zeit, die ich sonst auf meinem Stock lehne und die Hunde dirigiere damit, mit Zäunen auf Hänge zu klettern.














Wobei mir auch das Freude macht.
Meine Hunde spielen um mich herum, ich bin draußen im Grünen, habe den Blick weit in die Täler und bewundere die bunten Blumen und kleines Getier.







Da ein Bächlein das über Felsen springen und über das natürlich auch der Zaun rüber muss.
Und einmal ein Rehkitz. Da lasse ich den Zaun offen. Die Mutter holt es ab, wenn Hunde und ich fort sind.

 
Meine Gedanken haben Zeit zu fliegen, sich mit Geschichten zu beschäftigen, darauf konzentriere ich mich. Denn nichts vergrämt mir die Arbeit mehr, als darüber nach zu denken. Darüber, wie viele Netze ich den Hang hier noch hoch schleppen muss, wie ich da hinten über die Mauer oder durch die Dornen komme und am aller schlimmsten, dass ich das alles schon morgen wieder abbauen muss.
Nein, da bekomme ich schlechte Laune!
Immer ein Schritt nach dem anderen, dann ist es schön!
Und zwischen durch wird die Herde ja auch bewegt, darf der Hund was tun.


Auch lasse ich die Herde nicht einfach aus dem Zaun. Nein. Alles geht nur über mich. Ich öffne, stehe auf dem frischen Futter und rufe. Die Herde beäugt mich mißtrauisch, überlegt umzudrehen. Doch da ist der Hund. Eine Mischung aus Geduld, Zwang und sie nicht ausweichen lassen. Irgendwann kommen sie.

Der Zaun zum frischen Futter ist weg, Lillebror ist oben rechts hinter dem Zaun, Ylva ist hinter der Herde platziert und ich rufe. Doch sie wollen nicht, finden sie mich doch sooo gruselig.
Hier das gleiche Spiel. Nur, dass Lillebror von hinten schiebt und jedes Bestreben runter ins Tal zu fliehen unterbindet. Ich rufe im frischen Futter!!!

Geht doch!

Und, ich weiß es ja noch aus dem Herbst, früher oder später kommt das Vertrauen zu mir.
Alle Schafe werden geschoren und mit den Lämmern entwurmt.

Schafschur
Alles Arbeiten aus dem Schäfereialltag, die Abwechslung bringen.
Und Anstrengung.
Ach, einen neuen Bericht muss ich auch noch schreiben.
Wo quetsche ich den noch rein?
Mir fehlt einfach die Zeit!
Und dann liege ich abends in meinem kleinen Wohnwagen und aus den müden Gliedern werden langsam ansteigende Hüftschmerzen.


Schmerzen in der Hüfte hatte ich noch nie und irgendwie machen sie mir Angst. Da ist doch die beste Lösung, sie zu ignorieren. Was kommt von alleine, geht von alleine!
Nur Schlaf kommt nicht und wenn reisen mich die Schmerzen schnell wieder heraus.
Oh! Mensch! Ich muss doch Arbeiten!
Dass geht jetzt einfach nicht!
Und was mache ich, wenn nun die Hüfte am Arsch ist?
Nein, ich will das nicht.
Dem Schmerz ist mein Gedankenkarussell völlig egal, er bleibt.
Am nächsten morgen komme ich kaum in meine Kleider und den einen Schuh schaffe ich auch nur notdürftig zu schnüren. Mühselig humpel ich in den Stall, füttere die paar Brackschafe.
Dann wird es Zeit doch zu beichten.
Ich gestehe meinen Auftraggebern meinen Zustand.
Und sie sind so unglaublich verständnisvoll.
Ich bekomme die Versicherung, dass man wegen einmal Hüftschmerzen noch keine neue Hüfte braucht.
Dazu der Trost, dass das die Reißleine des Körpers ist. Zu viel ist zu viel, mach mal langsam. Und es gäbe deutlich schädlichere Reißleinen als diese.
Außerdem wird etwas telefoniert und zack habe ich schon Vormittags einen Termin bei einer befreundeten Osteophatin die mich zwischen zwei Patienten schiebt. So liege ich nicht lange darauf auf dem Behandlungstisch, werde gedrückt und geschoben, verdrehte Hüfte, Becken, Knochen vorsichtig überredet, zurück in ihre eigentliche Haltung zu rutschen. Mit der Anweisung heute nicht mehr zu arbeiten und auch nichts mehr zu heben, werde ich entlassen. Nichtmal bezahlen darf ich.
Wow! Landbevölkerung! Hier stimmt der Zusammenhalt noch.
Zurück auf dem Betrieb und ich habe nichts zu machen.
Einfach so, frei.
Ich fühle mich zwar noch, wie unter ein Auto gekommen, der ganze Körper weint, aber die Beweglichkeit ist weitestgehend wieder da.
Erstmal schlafe ich tief und fest, aber dann habe ich die Zeit zum Schreiben.
Wunderbar!

Abendlicher Blick
Als ich am nächsten morgen aufwache, bin ich wieder fit.
Das nichts mehr weh tut, wäre maßlos übertrieben, aber wie war das:
Wenn Du ab vierzig morgens aufwachst und es tut nichts weh, bist Du vermutlich tot.
Die Hänge haben mich wieder.
So wunderschön ist die Eifel im Frühling!

Das ganze Teil, aufgeteilt in drei Flächen


Die Schafe auf der mittleren Fläche

die rechte Seite

und links, alles Abgefressen

weiter gehts!

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