Heiß!
Heißer!
Sonne!
Und
noch mehr Sonne!
Die
Luft ist feucht.
Schwül!
Die
Hitze drückt.
Alles
gelb.
Trocken.
Staub.
Und die
Schafe fressen.
Fressen
und fressen.
Mir
rinnt der Schweiß.
Den
Rücken hinunter.
Tropen
aus den Augenbrauen in die Wimpern.
Perlen
auf der Oberlippe.
Und die
Hunde laufen.
Unermüdlich,
ziehen ihre Bahnen. Schuhe an den Füßen, damit die Ballen nicht dem
staubigen Schotter nachgeben.
Immer
wieder zieht es Schafe und Hunde an die Wasserbütten. Ich achte
darauf, dass die Hunde möglichst immer die gleichen Wannen nutzen.
Auch wenn den Schafen bei dem Wetter der zustand des Wassers egal
ist, Hauptsache nass. Zwischen 3000 und 6000 Liter Wasser fahren wir
am Tag. Der Tank fasst 1000 Liter. Immerhin ist er mit Druck schnell
vollgepumpt.
Die
Wannen stehen nicht nur im Pferch, auch auf der Fläche, Wasser ist
bei der Hitze lebenswichtig.
Für Schafe, Hunde, mich. Drei Liter
schleppe ich mit. Teile sie ein.
Das
Wasser so lecker schmecken kann!
Das
Land verdorrt.
Ich
telefoniere mit Kollegen, überall das gleiche, selbst oben im sonst
so nassen Schleswig-Holstein.
Wir
brauchen Regen!
Die
Hitze erschlägt.
Doch
die Schafe fressen.
Der
Vorteil, sie sind schnell satt, ich bin abends Zuhause.
Der
Nachteil, ich stehe in der Mittagsglut.
Kein
Schatten.
Einmal
bekomme ich Besuch. Nach einer halben Stunde geben sie auf, zu heiß!
Wie ich
das aushalte? Ob ich ein Sonnenmensch bin?
Lachen.
Ich!
Ein
Sonnenmensch!
Nicht
nur leide ich unter Sonnenallergie. Ich mag direkte Sonne auch nicht.
Nie,
wirklich niemals wird man mich in der Sonne antreffen, nicht am
Strand, nicht in der Eisdiele, nicht auf der Terrasse, nicht für
fünf Minuten. Ich bin immer im Schatten. Immer!
Wie ich
das dann jetzt aushalte?
Aushalten?
Ich
hüte Schafe.
Wetter?
Das
ist, wie es ist.
So
bleibe ich alleine zurück.
Ich und
meine fleißigen Hunde.
Ich und
die zufrieden fressenden Schafe.
Ich und
die Hitze.
Selbst
die Stare, die über die Schafrücken hupfen, haben die Schnäbel zur
Kühlung weit aufgerissen.
Abends
dann endlich das erwartete Gewitter.
Schon
die letzten Tage habe ich sie gesehen. Blitz und Donner, Wolkenberge,
Starkregen, immer um uns herum. Überflutete Straßen und Keller.
Gigantische Schauspiele, doch nie bei uns.
Und nun
entlädt es sich mit Macht.
Die
Schafe rücken zusammen, Hintern in den Wind.
Habe
ich Regensachen dabei?
Eine
Regenjacke, nicht ausreichend für das was da runter kommt.
Es ist
mir egal. Endlich kühl und nass.
Ich
binde mir die Regenjacke um die Hüfte, lasse mich durchregnen.
Gerade
noch geglüht, fange ich nach kürzester Zeit an zu zittern.
Aber
der Guss währt nur kurz.
Ich
stopfe das triefende T-Shirt in den Rucksack, ziehe ein trockenes
Hemd an. Altbewährter Trick.
Der
Boden dampft, absorbiert das Wasser.
Ein
diesiger Regentag belohnt uns weiter.
Wachswetter.
Nur ich
habe mich doch erkältet, stehe da mit Triefnase, bellendem Husten
und, ab spätem Nachmittag, Fieber.
Erschöpft,
aber die Schafe fressen.
Die
Hunde arbeiten. Trotz weher Pfoten. Abends fallen sie wie ich auf ihr
Lager, rühren sich nicht mehr, krabbeln morgens steif hoch.
Aber
bei den Schafen zählt das alles nicht.
Gehütet
wird.
Zwischendurch
entwurmen wir alle Lämmer gegen Magen-Darmwürmer und Bandwürmer.
Um die 100 der größten Bocklämmer werden aussortiert. Zwei
Hängerladungen, die ich auf eine 50 km entfernte, fest eingezäunte
Weide bringen. Die kleinen Kerlchen waren schon am treiben, wollten
decken. So müssen sie nun ohne ihre Mütter weiter leben. Auf dem
ca. 500 X 500 großen, steilen und zum Teil buschigen Fläche sind
sie zu Anfang ziemlich verloren. Doch schnell gewöhnen sie sich ein,
verteilen sich in kleinen Gruppen. Wir schauen täglich nach ihnen,
bringen sie zusammen. Eine ganz neue Aufgabe für meine Altdeutschen
Lillebror. Abstand, langsam, alle mitnehmen, am Fluchtpunkt. Das ist
eigentlich Border Collie Arbeit, die ich von ihm verlange. Dafür,
naja, wir bekommen es hin.
Bei der
Herde ist das Futter abgeweidet und doch schrubben wir noch etwas auf
dem abgegrasten. Wir wollen ja nicht, dass die nun lämmerlosen
Mütter mit Euterentzündung reagieren.
Dann
endlich, die Euter sind nicht mehr gefährlich prall, weiter geht es.
Kaum
aus dem Tor explodieren die Schafe.
Frisch!
Frisch!
Frisch! Frisch!
Ich
mache das erste Stück langsam, lasse sie am Wegrand fressen, ihr
Glück genießen.
Dann
geht es durchs Getreide. Harte Arbeit für die Hunde.
Der
Steinbruch, unser Ziel, ist herrlich grün. Der Boden bedeckt mit
Blümchen und Wilderdbeeren.
Grüne
Büsche mit Schatten und tief unten das blau des Sees.
Die
Schafe fressen, die Hunde laufen und auch ich laufe. Herrliche
Fläche, doch schwer zu hüten, schwer einsehbar. Um die 1000 Tiere,
von denen ich oft nur 50 sehen kann.
Da muss ich laufen, immer wieder
meinen Standort ändern. Wenn alles frisch ist, drücken sie auch in
alle Richtungen. Und runter zum See dürfen sie auf keinen Fall, die
Kante ist zu steil. Da käme nicht einmal eine Ziege heraus. So
fahren wir weiter Wasser.
Und ich
laufe. Genieße das Hüten, gerade weil es schwierig ist, weil ich so
aufmerksam sein muss.
Herde von der einen Seite |
Um die Herde rum von der anderen Seite |
Auch
genieße ich, dass ich so viele Tage am Stück hüten konnte, das
Herde, Hunde und ich eine harmonische Einheit bilden. Frisch gibt es
immer nur über mich, nie, wenn man einfach da hin drückt. Und so
drängen sie nicht mehr so viel, gucken nach mir. Was macht sie? Wo
läuft sie? Geht es schon weiter? Bekommen wir was neues?
Und
kaum sind wir in dieser Harmonie angekommen, ist meine Zeit auch
schon wieder um. Gerade, als ich das Gefühl habe, einfach ewig
weiter Hüten zu können.
Der
letzte Tag, der letzte Abend, die Herde trottet zufrieden in den
Pferch.
Die
Hunde und ich klettern noch einmal zum See hinunter, baden im kühlen,
tiefen Blau.
Als wir
müde zum Auto zurück kommen, liegt die ganze Herde im Schlummer.
Gute
Nacht ihr Schafe!
Bis
bald!